1 Million eAutos: Noch lange kein Game-Changer
08.07.2021 / Energate-Gastkommentar von BEM-Präsident Kurt Sigl
»Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung.« Mit diesem Satz lies sich Minister Peter Altmaier in einem Interview mit dem Tagesspiegel Anfang Juli exklusiv zitieren. Ganz offenbar will der Minister Etappenziele feiern, obwohl es nichts zu feiern gibt. Denn weder ist die Zahl wirklich erreicht, noch sind es klimafreundliche eAutos allein, auf die sich der Minister und alle, die die Nachricht verbreiten, berufen. In der vom Minister gewählten Berechnung werden sie in einen Topf geworfen – die reinen eAutos (BEV) und die inzwischen viel kritisierten Plug-in-Hybride (PHEV). Zu oft werden letztere als Verbrenner genutzt und verbrauchen dann auch noch mehr umweltschädlichen Treibstoff als ein normaler Diesel oder Benziner.
Doch es ist noch mehr faul an der »guten« Nachricht. Wer glauben machen will, dass Deutschland und die deutsche Autoindustrie jetzt auf dem richtigen Weg sind im Transformations-Prozess, äußert ein Gefühl, hält sich aber nicht an die Zahlen. Bleiben wir also bei den Neuzulassungen in diesem ersten Halbjahr. Wie steht es um das Engagement der deutschen Hersteller, beim heimischen Kunden mit neuer eAuto-Technik zu punkten?
Die Top 5 der zwischen Januar und Mai neu zugelassenen, reinen eAutos von Aachen bis nach Zittau lautet VW, Smart, Tesla, Hyndai und Renault.
Bis auf VW sind die deutschen Marken nicht vertreten. Da ist kein Streben nach dem Markt und auch kein bemerkenswerter Zuwachs – nicht beim Kunden, wenn man die Zahlen genau liest. So sind aus dem Hause AUDI von Januar bis Mai genaue 4.674 reine BEVs zugelassen worden. Im gleichen Zeitraum zählen die Zulassungen von AUDI bei PHEV stolze 14.598 Fahrzeuge. Den Einbruch des angeblich ökologischen Erfolges liefert dann die Zulassung der Verbrenner: Die lag bei AUDI im selben Zeitraum bei 67.001 Fahrzeugen – frisch in den Markt. Die Zahlen beruhen auf den Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes.
Bei BMW liegt der Dreiklang ganz ähnlich: 5.356 reine eAutos zu 18.451 PHEV zu 72.734 Verbrenner. Mercedes: 3.052 zu 26.444 zu 69.427. Und auch VW hat noch viel umzustellen – bei 171.718 insgesamt verkauften Fossil-Fahrzeugen in diesen ersten 5 Monaten. Tesla steht dagegen für 100% rein elektrisch.
Was soll also diese Mogelei um eine Million eAutos? Damit daran gleich das nächste Ei von einer Million Ladesäulen gekoppelt werden kann? Diese hohe Zahl braucht es im öffentlichen Bereich gar nicht. 300.000 Normalladepunkte und 100.000 Schnellladepunkte in der öffentlichen Infrastruktur sind bis 2030 und für 14 Mio. eFahrzeuge ausreichend. Geladen wird im Schwerpunkt Zuhause und beim Arbeitgeber, und dank des Einzelhandels kommen noch weitere »halböffentliche« Lademöglichkeiten hinzu. Klar, Ausbau braucht es, aber nicht wieder neue Argumente für die eigene Tatenlosigkeit. Dessen sind wir sehr müde.
⇢ 1 Million eAutos – Noch lange kein Game-Changer / Energate