Arbeitnehmerbesteuerung als Investitionshindernis für Elektrofahrzeuge

Nach einer aktuellen Statistik des Kraftfahrtbundesamtes entfallen derzeit ca. 60% aller Pkw-Neuzulassungen auf gewerbliche Unternehmen und hiervon ungefähr die Hälfte auf Dienst- und Firmenfahrzeuge. Wer annimmt, dass von der hohen Nachfrage nach Firmenwagen auch Elektrofahrzeuge profitieren, der sieht sich getäuscht: Tatsächlich machen Elektrofahrzeuge derzeit lediglich einen Anteil von ca. 0,1% aller in Deutschland neu zugelassenen Fahrzeuge aus. Die Ursache für diese geringe Quote liegt nicht nur in den höheren Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge und den kürzeren Reichweiten, sondern auch im deutschen Einkommensteuerrecht begründet. Denn das Einkommensteuerrecht behandelt Investitionen in Elektrofahrzeuge und die Anschaffung und Nutzung herkömmlicher Fahrzeuge trotz bestehender Unterschiede nach denselben Grundsätzen. Genau dies führt jedoch für Arbeitnehmer, die ein Elektrofahrzeug nutzen, zu erheblichen steuerlichen Mehrbelastungen und erweist sich damit für den Ausbau der eMobilität in Deutschland als Investitionsbremse.
Sofern ein Firmenfahrzeug nicht ausschließlich für das Unternehmen genutzt wird, sondern ein Arbeitnehmer (oder der Firmeninhaber) berechtigt ist, das Fahrzeug auch privat zu nutzen, sieht das deutsche Steuerrecht in dieser Nutzungsmöglichkeit einen geldwerten Vorteil, der ebenso wie reguläre Gehaltszahlungen der Einkommensteuer unterliegt. Um die Höhe dieses einkommensteuerpflichtigen Nutzungsvorteils zu ermitteln, lässt das Einkommensteuergesetz zwei verschiedene Methoden zu: Zum einen können die tatsächlichen Kosten der Fahrzeugnutzung sowie der Umfang der privaten Nutzung jeweils laufend exakt ermittelt und die so berechneten privaten Nutzungskosten als geldwerter Vorteil versteuert werden. Hierfür muss der Arbeitnehmer jedoch kontinuierlich ein Fahrtenbuch führen, an das die Finanzverwaltung hohe formale Anforderungen stellt.
Wer diesen Aufwand scheut, kann den einkommensteuerpflichtigen Nutzungswert alternativ nach der sogenannten 1%-Regel berechnen. Nach dieser Regelung, von der aus administrativen Gründen die meisten deutschen Unternehmen Gebrauch machen, wird der steuerpflichtige private Nutzungsanteil pauschal mit monatlich 1% des inländischen Bruttolistenpreises des jeweiligen Fahrzeuges zuzüglich der Kosten der Sonderausstattung und der Umsatzsteuer berechnet. Sofern der Arbeitnehmer das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt, muss er zusätzlich zu diesem allgemeinen Nutzungsvorteil noch einen Nutzungswert in Höhe von 0,03% des Bruttolistenpreises pro Kalendermonat und Entfernungskilometer versteuern. Je höher also die unverbindliche Preisempfehlung eines Fahrzeugs ist und je weiter ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitsort entfernt wohnt, desto höher ist der steuerpflichtige Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers und damit die von ihm zu leistende Einkommensteuer.
Sofern ein lediger Arbeitnehmer, der 30 km von seinem Arbeitsort entfernt wohnt, einen herkömmlichen Firmenwagen mit einem Bruttolistenpreis von 25.000 EUR (brutto) gestellt bekommt und diesen auch für Privatfahrten nutzen darf, beträgt der steuerpflichtige geldwertwerte Vorteil pro Jahr 5.700 EUR. Schafft der Arbeitgeber anstelle dieses herkömmlichen Fahrzeugs jedoch ein Elektrofahrzeug an, dessen Anschaffungskosten bei sonst gleicher Ausstattung um insgesamt 10.000 EUR (brutto) höher liegen, erhöht sich der jährliche steuerpflichtige Nutzungsvorteil um 2.280 EUR auf 7.980 EUR. Bei einem angenommenen steuerpflichtigen Jahreseinkommen des Arbeitnehmers von 60.000 EUR steigt die von ihm zu zahlende Einkommensteuer gegenüber der Steuerbelastung, die sich bei Nutzung eines herkömmlichen Fahrzeugs ergäbe, um ca. 979 EUR pro Jahr. Arbeitnehmer, die sich für ein Elektrofahrzeug als Firmenwagen entscheiden, werden damit nicht etwa steuerlich entlastet, sondern – im Gegenteil – müssen sogar deutlich höhere Einkommensteuer zahlen als bei Nutzung eines herkömmlichen Firmenfahrzeugs.
Dass ein solcher negativer Steuereffekt investitionshindernd wirkt und dem erklärten Ziel der Bundesregierung, die Elektromobilität zu fördern, zuwiderläuft, liegt auf der Hand. Ein einfacher und naheliegender Ausweg, um derartige Besteuerungsnachteile zu verhindern, könnte beispielsweise darin liegen, den steuerpflichtigen Nutzungswert eines Elektrofahrzeugs gesetzlich auf denjenigen Betrag zu begrenzen, der für ein vergleichbares herkömmliches Fahrzeug anzusetzen wäre. Auf diese Weise würde sichergestellt, dass Arbeitnehmer, die Elektrofahrzeuge als Firmenwagen nutzen, zumindest keine höheren Steuern bezahlen müssen als bei Nutzung eines vergleichbaren herkömmlichen Fahrzeugs. Überlegungen für eine solche gesetzliche Korrektur der Nutzungsbesteuerung gibt es auf politischer Ebene – auch aus Kreisen der Bundesregierung – seit längerem. Ein Vorschlag zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, nach dem für Zwecke der Dienstwagenbesteuerung die Kosten des Akkumulators künftig außer Betracht bleiben sollen, ist nunmehr im Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums zum Jahressteuergesetzes 2013 vom 05. März 2012 enthalten. Durch diesen Vorschlag zur Gesetzesänderung wird der dargestellte Steuernachteil von Elektrofahrzeugen zumindest für die Zukunft entschärft werden.
Jesko Nobiling
Rechtsanwalt Steuerberater
Fachanwalt für Steuerrecht
CMS Hasche Sigle
www.cms-hs.com

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