Mein Haus, mein Auto, meine Tankstelle
08. April 2019 / Artikel erschienen in der Süddeutschen Zeitung
Die Zahl der eAutos könnte in den kommenden Jahren zügig steigen. Entscheidend für die Akzeptanz der neuen Technik wird sein, wie einfach sich das Laden der Fahrzeuge gestaltet. Was das Stromtanken kostet und was man bei der Installation einer Ladestation beachten muss.
Noch ist das Elektroauto ein Nischenprodukt, zumindest in Deutschland. Etwa 83.000 solcher Fahrzeuge gibt es hierzulande. Das sind gerade einmal 0,15 Prozent der insgesamt zugelassenen Pkw. Entscheidend für die Akzeptanz der neuen Technologie wird sein, wie einfach sich das Laden der Autos gestaltet.
Neue Zahlen zeigen, dass es beim Aufbau der Stromtankstellen zügig vorangeht. Allein in den ersten drei Monaten kamen 1.300 Tankplätze hinzu, Ende März waren es etwa 17.400, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag mitteilte. In Studien sagen mehr als 70 Prozent der Befragten, dass sie ihr Auto am liebsten zu Hause oder während der Arbeit aufladen würden. Doch wie kommt die Ladestation in die Garage oder auf den Stellplatz? Und was kostet so etwas?
Warum braucht man eine Ladestation? Reicht nicht eine normale Steckdose?
Jedes Elektroauto hat ein Notladekabel im Kofferraum. Damit lässt sich die Batterie an einer normalen Steckdose aufladen. Das sollte man jedoch nur im Notfall tun. »Im Alltag raten wir davon ab«, sagt BEM-Präsident Kurt Sigl. Obwohl bei einem Originalkabel des Herstellers das Laden an der Schuko-Steckdose auf zehn Ampere begrenzt ist, kann der Vorgang ältere Stromleitungen überfordern. »Im günstigsten Fall fliegt die Sicherung raus, es besteht aber auch die Gefahr einer Überhitzung«, sagt Sigl. Hinzu kommt: Das Aufladen dauert auf diese Weise sehr lange.
Worauf sollte man beim Kauf einer Ladestation achten?
Vor dem Kauf sollte der Netzbetreiber informiert werden, an machen Orten gibt es eine Meldepflicht. Ladepunkte mit mehr als zwölf Kilowatt Leistung müssen genehmigt werden. Für die eigene Garage eignet sich eine sogenannte Wallbox, ein handlicher, meist abschließbarer Kasten. Befindet sich der Stellplatz im halb öffentlichen Raum, muss der Ladepunkt bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden und sollte durch ein Schloss, einen Code oder einen RFID-Chip gesichert sein. Von einem im Ladepunkt integrierten Kabel mit einem fest verbauten Stecker rät Sigl ab. Dieser passt dann vielleicht nicht für das Auto eines Gastes oder muss beim Kauf eines neuen Modells ersetzt werden. »Man sollte darauf achten, dass die Wallbox mit einer Typ-2-Buchse versehen ist«, sagt Sigl. Der Typ-2-Stecker ist Standard in Europa. Auch Autohersteller Tesla, der andere Stecker verwendet, rüstet seine Fahrzeuge inzwischen parallel mit diesem Typ aus. Internationaler Standard ist das kombinierte Ladesystem CCS, das an Wechsel- und Gleichstrom laden kann. Der europäische Stecker wird dafür erweitert und nennt sich Combo 2.
Wie lange dauert es, ein Elektroauto aufzuladen?
Das hängt von der Akkugröße des Fahrzeugs und von der Leistung des Ladegeräts ab. »Selbst mit einem günstigen Modell ist das Aufladen ohne Probleme über Nacht möglich«, sagt Sigl.
Was kosten eine eLadestation und die Installation?
Die günstigsten Wandladestationen sind schon ab 300 Euro erhältlich, leistungsfähigere Ladepunkte können inklusive Installation aber mehrere Tausend Euro kosten. Die Installationskosten variieren sehr stark: Sie hängen von der vorhandenen Infrastruktur und vom Stundenlohn des Elektrikers ab. »Moderne Hausanschlüsse sind standardmäßig auf 30 Kilowatt ausgelegt«, sagt Moritz Oehl vom Netzbetreiber Stuttgart Netze. »Eine Wallbox mit 4,6 Kilowatt ist da kein Problem.« Ein Elektriker kann sie in wenigen Arbeitsstunden installieren. Viele Stadtwerke vermitteln auch Kontakte zu Elektrikern, die speziell zur eMobilität geschult worden sind. Bei leistungsfähigeren Ladestationen muss der Netzbetreiber eventuell den Netzanschluss oder die Zuleitung zum Haus verstärken.
Wie viel kostet das Stromtanken?
Eine Kilowattstunde Strom kostet je nach Anbieter um die 30 Cent. Manche Versorger haben spezielle Tarife für Autostrom oder Niederstrom, auch bekannt als Nachtstrom. Der Energieverbrauch richtet sich wie beim Verbrennungsmotor nach der Größe des Autos und der Fahrweise. 100 Kilometer mit einem kleinen eAuto kosten umgerechnet etwa 4,50 Euro. An öffentlichen Ladepunkten gibt es unterschiedliche Preismodelle, von Gratisangeboten über Flatrates bis hin zur auf die Kilowattstunde genauen Abrechnung. An Schnellladestationen sind Preise von bis zu einem Euro pro Kilowattstunde üblich.
Kann ich mein Auto mit selbsterzeugtem Strom aufladen?
eLadestationen lassen sich mit Photovoltaikanlagen, mit Blockheizkraftwerken, Wind-und Wasserrädern koppeln.Dazu braucht die Wallbox ein integriertes Lastmanagement. Das gilt auch, wenn die Ladestation mit einem stationären Stromspeicher kombiniert wird.
Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Der Kauf eines eAutos wird mit einem Umweltbonus in Höhe von 4000 Euro unterstützt, derzeit gibt es 140 förderfähige Automodelle. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) möchte künftig auch Kauf und Installation privater Ladestationen mit bis zu 3000 Euro bezuschussen. Unklar ist, ob er die dafür veranschlagte Milliarde wirklich bekommen wird. In mehr als 20 deutschen Städten zahlen auch Stromanbieter Zuschüsse für den Umstieg auf Elektromobilität: zwischen 250 und 1000 Euro beim Kauf eines eAutos, einer Wallbox oder für den Bezug von Ökostrom. Die Stadtwerke München fördern private Ladestationen sogar mit bis zu 3000 Euro.
Dürfen Besitzer von Eigentumswohnungen oder Mieter auf ihrem Stellplatz eine eLadestation installieren?
Inzwischen gibt es auch Ladestationen zum Mieten. Doch egal, ob gemietet oder gekauft – der Vermieter muss in jedem Fall mit der Installation einverstanden sein. Befinden sich im Haus mehrere Eigentumswohnungen, muss die Eigentümergemeinschaft einstimmig zustimmen. Eine EU Richtlinie sieht vor, dass rechtliche und verwaltungstechnische Schwierigkeiten, die das Aufstellen einer Ladesäule verhindern, abgebaut werden sollen. Derzeit gibt es in Deutschland noch keine rechtliche Möglichkeit, gegen das Veto eines einzelnen Wohnungseigentümers eine Ladestation zu errichten. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat jedoch vor einer Woche angekündigt, die rechtlichen Hürden für Eigentümer und Mieter abzubauen.