Den Wandel mitgestalten

Elektrofahrzeuge haben in Zeiten von Ressourcenknappheit Vorfahrt. Die Automobilhersteller – kurz OEM für »Original Equipment Manufacturer« – müssen sich zunehmend auf die umweltfreundliche Alternative zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einstellen. OEMs und deren Zulieferer müssen Antworten und Strategien auf vielfältige neue Fragestellungen finden: Wie positioniere ich neue Fahrzeugmodelle mit unterschiedlichen Eigenschaften im Vergleich zu konventionellen Pkw? Welche Veränderungsprozesse zieht die Entwicklung und Herstellung neuer Komponenten nach sich? Mit welchen modernen Produktionstechnologien kann die Umstellung gelingen? Welche Fachkräfte sind für die neuen Aufgaben geeignet und wo finde ich diese?
Ganz neu ist das elektrische Auto jedoch nicht – die »offizielle« Geburt des Elektroautos war im Jahr 1881. Eine flächendeckende Verbreitung mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien hat jedoch tief greifenden Einfluss auf das gesamte Konzept der Elektromobilität. Die automobile Wertschöpfungskette beschäftigt daher nicht nur die Akteure dieser Industrie, sondern auch verwandte Branchen, Regierungen, Forschungseinrichtungen und die Gesellschaft im allgemeinen.
Viele neue Wege führen zum Ziel
Die Verbreitung von Fahrzeugen, die zum Teil oder hundertprozentig elektrisch angetrieben werden, erfordert eine Umstrukturierung der gesamten Wertschöpfungskette. Je nach Grad und Art der Antriebselektrifizierung unterscheiden sich die verbauten Komponenten im Antriebsstrang stark. Dies kann zur Folge haben, dass konventionelle Fahrzeugkomponenten obsolet werden, während andere modifiziert oder ganz neu gestaltet werden müssen. Die Zukunft des Verbrennungsmotors und von ihm abhängigen Systemen (bspw. Kraftstofftank, Einspritz- und Abgassysteme) scheint ungewiss; hier öffnen sich momentan neue Wege durch umweltfreundliche Alternativen: Effizienztechnologien ermöglichen beispielsweise Motor-Downsizing oder Zylinderabschaltung. Auch für das Getriebe, die Lenkung und die Fahrzeugklimatisierung sind starke Modifizierungen zu erwarten. Zu den neuen Komponenten und wichtigsten Wertschöpfungsträgern zählen vor allem die Batterie, die elektrische Maschine und die Leistungselektronik.
Wertschöpfung im Wandel
Das breite Komponentenspektrum, das aus der Parallelität mehrerer Antriebskonzepte entsteht, macht eine Verschiebung der Wertschöpfung unabdingbar. OEM und ihre Zulieferer müssen für die Entwicklung und Herstellung bestimmter Komponenten und Systeme zukünftig untereinander klären: Wer macht was? Bisher stellt der Verbrennungsmotor eine der Kernkompetenzen der OEM dar, insbesondere, wenn es sich um Premiumfahrzeuge handelt. Kann die elektrische Maschine stattdessen die neue Kernkompetenz werden? Und wer soll die äußerst wichtige und kostspielige Batterie liefern? Die Antwort darauf muss lauten: Der, der sich die erforderlichen Kompetenzen und Technologien aneignet.
Neue Kooperationsformen bieten neue Chancen
Die Ära der Elektromobilität ist geprägt von einer Vielzahl an Kooperationen verschiedener Arten, sei es zwischen mehreren OEMs, Zulieferern oder in Form einer speziellen Hersteller-Zulieferer-Beziehung. Diese Art der Zusammenarbeit macht es möglich, einen Mangel an Technologien und Kompetenzen wirtschaftlich zu kompensieren und das Produktportfolio entsprechend der Marktentwicklung zu erweitern. Von diesem aktuellen Muster in der Automobilindustrie können besonders Unternehmen profitieren, für die der Automobilmarkt Neuland ist. Sie haben die Chance, sich schnell in dieser Branche zu etablieren, ihre Erfahrung in anderen Feldern zu ihrem Vorteil zu nutzen und im besten Fall durch die Verwendung von Plattformen oder Baukastensystemen Skaleneffekte zu erzielen.
Offen ist noch, ob diese Kooperationen langfristig angestrebt sind oder ob ab einem gewissen Zeitpunkt die Automobilhersteller Markenimage-relevante Produktumfänge komplett zurücknehmen.
Innovationsnetzwerk »FutureCar«
Bis die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, haben Automobilzulieferer und -dienstleister Zeit, sich wesentliche Wertschöpfungspotenziale zu sichern. Denn eins ist klar: Wer bereits heute eine solide Wissensbasis schafft, kann einen deutlichen Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern erreichen. Hilfe dabei bietet das Innovationsnetzwerk »FutureCar« unter der Leitung des Fraunhofer IAO. Seit 2009 fungiert dieser Verbund als Plattform zur Vernetzung von Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen, um relevante, technologisch orientierte Fragestellungen rund um die Elektromobilität zu bearbeiten. Die Zusammenarbeit im Netzwerk hat klare Vorteile für ihre Mitglieder:
Sie gewinnen ein Verständnis für zukünftig erforderliche Kompetenzen im Hinblick auf die Elektromobilität, sie identifizieren die Anforderungen für eine erfolgversprechende Positionierung auf dem Markt und sie finden Partner für die Zusammenstellung von Projektkonsortien und die Initiierung von geförderten Forschungsprojekten.
Carolina Sachs
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO
Competence Center Mobility Technologies
www.mobilityinnovation.iao.fraunhofer.de

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