»Der bilanzielle Netzzugang an Ladepunkten hat seine Tücken.«

10.12.2021 / ener|gate / Interview von Stefanie Dierks mit BEM-Vorstand Markus Emmert

Ab dem 01. April 2022 greift die Marktkommunikation 2022 (Mako 2022). Diese bringt auch Änderungen für die Elektromobilität mit sich. An Ladepunkten für Elektrofahrzeuge wird ein bilanzieller Netzzugang eingeführt und die Rolle des Charge Point Operators wird aufgewertet. Im letzten Teil unserer Add-on-Serie zur Mako 2022 beantwortet Markus Emmert, Vorstand Bundesverband eMobilität, unsere Fragen.

Emmert: Der Charge Point Operator – kurz CPO – ist der Betreiber der Ladeinfrastruktur. In einigen Fällen nimmt er sowohl die Aufgabe des CPOs als auch die des Mobilitätsdienstleisters – kurz EMP – wahr.

energate: An Ladepunkten für Elektrofahrzeugen wird mit der Marktkommunikation 2022 ein bilanzieller Netzzugang eingeführt. Die Ladepunkte können nun bei jedem Ladevorgang neu einem anderen Bilanzkreis zugeordnet werden. Wie kann man sich die Abwicklung in der Praxis vorstellen?

Emmert: Der CPO ist verantwortlich für ein sogenanntes virtuelles Bilanzierungsgebiet und muss dieses – wie ein physischer Verteilnetzbetreiber auch – verwalten. Die Vorschrift Netzzugangsregeln zur Ermöglichung einer ladevorgangscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für Elektromobilität (NZR-EMob) soll den bilanziellen Netzzugang zunächst ermöglichen, nicht jedoch vorschreiben. Mit dieser Möglichkeit könnte ein Nutzer mit seinem ‚Auto-Stromvertrag‘ seinen Autostrom laden, sofern die Ladeinfrastruktur oder der Ladepunkt die Option anbietet. Dies soll nach Ansicht des Gesetzgebers zu mehr Wettbewerb führen.

energate: Wie bewerten Sie die Einführung des bilanziellen Netzzugangs?

Emmert: Was zunächst toll und wünschenswert klingt, kann in der Praxis seine Tücken haben. Zunächst handelt es sich um keine Verpflichtung, das heißt, nicht jeder Ladepunkt wird diese Option anbieten. Die Mindestanforderung sieht in der Ladesäulenverordnung das Bezahlen via Nearfield-Communication (NFC) durch gängige Payment-Methoden wie Debit- und Kreditkarten vor. Der Aufwand und die Verantwortung für den CPO ist unterschiedlich groß.

Ein Energieversorgungsunternehmen, das selbst CPO und gegebenenfalls sogar auch noch EMP ist, kann dies unter Umständen relativ einfach und unkompliziert darstellen und abwickeln, wohingegen viele andere sich schwertun werden und der Aufwand letztlich wieder auf den Preis/kWh umgelegt werden müsste. Ob dies zu einer höheren Attraktivität führt, bleibt abzuwarten. Neuesten Umfragen zufolge wünschen sich die meisten Autofahrer das unkomplizierte, einfache und günstige Bezahlen via Debit-/Kreditkarte, Smartphone und Plug & Charge, weitere Varianten sind tendenziell nicht wirklich gefragt. Somit bleibt abzuwarten, ob sich hier die Interessen der Energiewirtschaft mit den Nutzern decken werden.

⇢ Das Interview finden Sie hier

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