Die Verwertung von Entwicklungsergebnissen aus Förderprojekten
Auf fast allen staatlichen Ebenen gibt es Förderangebote für Forschung im Bereich Elektromobilität. Besonders Verbundprojekte mit Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMUs), Universitäten oder anderen öffentlichen Instituten haben gute Aussichten, von Land, Bund oder EU gefördert zu werden. Kooperationsprojekte bieten nicht nur finanzielle Förderung, sondern auch die Möglichkeit, sich mit anderen Unternehmen fachlich auszutauschen und Kontakte zu potenziellen Kunden zu knüpfen. Es verwundert daher nicht, dass sich viele Unternehmen an öffentlich geförderten Verbundprojekten beteiligen.
Neben dem bürokratischen Aufwand, den die Antragstellung und die Abrechnung der Fördermittel in einem Projekt mit sich bringen können, sollten aber auch die rechtlichen Konsequenzen für die spätere Verwertung der Entwicklungsergebnisse bedacht werden, bevor öffentliche Förderung in Anspruch genommen wird. Die Förderbescheide und Förderverträge der öffentlichen Stellen sind mit Bedingungen und Auflagen verbunden. In Verbundprojekten müssen die Partner zudem untereinander einen Konsortialvertrag abschließen, für den es wiederum Vorgaben in den Förderbedingungen geben kann. Einschlägig sind auf nationaler Ebene zumeist die Standard-Nebenbestimmungen NKBF 98 des Bundes und auf europäischer Ebene die Bestimmungen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms (Verordnung (EG) Nr. 1906/2006), unter dem zum Beispiel die European Green Cars Initiative aufgehängt ist. Aus diesen Bestimmungen ergeben sich Regeln für die spätere Verwertung der Entwicklungsergebnisse, die vorab bedacht werden sollten.
Sowohl der Bund, als auch die EU sehen die Veröffentlichung der Ergebnisse aus Förderprojekten und deren kostenfreie Bereitstellung für Forschungszwecke vor (NKBF 98, Ziff. 11.4 und 13.1; VO (EG) Nr. 1906/2006, Art. 46 (2) und 51 (1)). Universitäten und öffentliche Forschungsinstitute sind grundsätzlich verpflichtet, ihren Angehörigen wissenschaftliche Veröffentlichungen zu ermöglichen und behalten sich daher entsprechende Rechte in Konsortialverträgen vor, wenn sie an einem Kooperationsprojekt beteiligt sind. In der Praxis finden sich zwar meist Möglichkeiten, Veröffentlichungen so zu gestalten, dass sie wissenschaftlich relevant sind, ohne zu viel industriell verwertbares Know-how preiszugeben. Ganz verheimlichen lässt sich der Gegenstand der Entwicklungsarbeit in einem Förderprojekt aber nicht. Viele Unternehmen stören sich daran nicht, da sie die Veröffentlichung aus Imagegründen sogar wünschen. Besonders geheimhaltungsbedürftige Forschung in einem frühen Stadium eignet sich wegen der Veröffentlichungspflichten aber nicht unbedingt für ein Förderprojekt.
Wer an öffentlicher Förderung in einem Verbundprojekt partizipiert, ist überdies verpflichtet, den anderen Partnern die Entwicklungsergebnisse für eine anschließende kommerzielle Verwertung zur Verfügung zu stellen. In den Standard-Konsortialverträgen werden dazu meist Lizenzen geregelt, die allen Kooperationspartnern eine eigenständige Nutzung der Ergebnisse ermöglichen. Manchmal ist das gar nicht gewünscht. Bringt beispielsweise ein Zulieferer eine Komponente in ein komplexes neues System ein, ist er eher daran interessiert, die eingebrachte Komponente später selbst zu liefern und nicht den Nachbau der Komponente durch die anderen Kooperationspartner gegen Lizenzgebühren gestatten zu müssen. In solchen Fällen muss eine abweichende Regelung im Kooperationsvertrag getroffen werden, was die Förderbedingungen aber nicht immer zulassen. So ist auf europäischer Ebene allen Projektpartnern Zugang zu den Entwicklungsergebnissen zu gewähren, soweit sie darauf zur Verwertung ihrer eigenen Entwicklungen angewiesen sind (VO (EG) Nr. 1906/2006, Art. 50 (1)).
Öffentliche Förderprojekte können auch den Zugriff auf bestehende gewerbliche Schutzrechte (z.B. Patente) oder Know-How eines Kooperationspartners ermöglichen. Erfordert die Verwertung der Forschungsergebnisse die Nutzung vorbestehender gewerblicher Schutzrechte eines Kooperationspartners, muss dieser die Nutzung zumindest gegen angemessenes Entgelt gestatten (VO (EG) Nr. 1906/2006, Art. 50 (2)). Ansonsten hätte es ein Kooperationspartner in der Hand, die Verwertung der gemeinsamen Entwicklungsleistungen zu blockieren. Gerade bei Projekten im Bereich Elektromobilität kooperieren nicht selten Unternehmen, die aus unterschiedlichen Branchen stammen und vollkommen verschiedene Vorstellungen davon haben, inwieweit Dritten der Zugriff auf eigene Schutzrechte gewährt werden sollte. Während gegenseitige Lizenzen in der Automobilindustrie nicht unüblich sind, kommt für Softwarefirmen die Lizenzierung ihrer Rechte im Rahmen eines Verbundprojekts oft gar nicht in Betracht, da sie die Kontrolle über die Lizenzierung ihrer Software uneingeschränkt behalten wollen.
Bei Förderprojekten auf Landes- und Bundesebene kommen weitere Einschränkungen bei der Verwertung der Forschungsergebnisse hinzu. So ist in den Förderbedingungen des Bundes geregelt, dass die Verwertung der Entwicklungsergebnisse in der europäischen Union zu erfolgen hat. Sollen die Rechte an den Entwicklungsergebnissen außerhalb der europäischen Union übertragen oder lizenziert werden, bedarf dies der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Zuwendungsgebers (NKBF 98, Ziffer 16.2). Auch auf europäischer Ebene ist der Zugriff auf Ergebnisse aus Förderprojekten teilweise auf Unternehmen mit Sitz in der EU beschränkt (z.B. VO (EG) Nr. 1906/2006, Art.50 (3) und Art. 51 (2)). Das kann zum Problem werden, wenn ein öffentlich gefördertes Unternehmen einen ausländischen Investor an Bord holen will, oder wenn Schutzrechte in Konzernen auf ausländische Konzerngesellschaften übertragen werden sollen. Sind derartige Konstellationen bereits vor Beginn des Förderprojekts absehbar, sollten sie im Förderantrag (Verwertungsplan) offengelegt und im Konsortialvertrag geregelt werden. Geschieht dies nicht, ist die vollständige Rückzahlung der Fördermittel manchmal die einzige Möglichkeit, sich zumindest von Beschränkungen für die Verwertung eigener Entwicklungen zu befreien.
Trotz dieser Beschränkungen ist und bleibt die öffentliche Förderung eine attraktive Möglichkeit, aufwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu finanzieren. Bei der Entscheidung für die Inanspruchnahme der Förderung sollten aber auch die langfristigen rechtlichen Verpflichtungen bedacht werden, die damit einhergehen.
Dr. Dietrich Kamlah
Rechtsanwalt
Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft
www.taylorwessing.com