eAuto-Boom in der Corona-Krise: Was ist da los?
20. April 2020 / Artikel erschienen auf ⇢ www.wallstreet-online.de / Photo: Lino Mirgeler – dpa
Noch nie wurden in Deutschland so viel eAutos neuzugelassen wie im März 2020: 19.755 Stromer (BEV und PHEV) wurden im vergangenen Monat neu angemeldet. Was ist der Grund für den eAuto-Boom mitten in der Corona-Krise? wallstreet:online sprach mit Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbands eMobilität.
Als erstes zeigt inzwischen die Kaufprämie ihre Wirkung. Hier wurden die Prozesse überarbeitet, so dass die Prämie bei den Kunden nun auch ankommt. Ein weiterer Grund für den deutlichen Zuwachs bei den Zulassungen liegt darin, dass die Fahrzeuge endlich lieferbar sind, was lange nicht der Fall war. Und drittens sind die Modelle wie beim e-Up von VW oder dem Mii von Seat auch bezahlbar. Hiervon braucht es jetzt viel viel mehr, um die Elektromobilität in den deutschen Normalhaushalt zu bringen, was noch ein weiter Weg ist.
Corona hat schon jetzt unsere Sensibilität für viele Dinge gestärkt. Umsicht und Rücksicht bestimmen das öffentliche Leben, was auf die Umwelt ausgeweitet werden kann. Neben dem Wechsel zum eAuto sehen wir im Individualverkehr den Zweiradbereich mit massivem Potential, also eBikes oder eRoller. Die Städte müssen weiter vom hohen Platzbedarf der Autoflotten entlastet und von Emissionen befreit werden. Der ÖPNV wird seine wichtige Rolle behalten. Zusammen mit den Sharing-Modellen, die auch im ländlichen Raum funktionieren, sehen wir also einen Mix an Verkehrsmitteln für eine verträglichere Mobilität.
Wir benötigen eine Offensive für die Elektromobilität auf Basis von Erneuerbaren Energien und wir brauchen eindeutige Fristen für den Verbrennungsmotor ab Werk und auf der Straße. Nur wer sich Ziele setzt, kann sie auch erreichen. Strukturell braucht es ein klares Arbeitspaket für die Infrastruktur. Eine Aufklärung des KFZ-Handels und dort die Erklärung neuer Geschäftsfelder ist genauso notwendig wie eine Ausbildungsoffensive für Elektro-Berufe im Handwerk. Für die Installation und Wartung tausender Ladesäulen wird es Fachkräfte brauchen. Und die Automobilwirtschaft muss ihre Geschäftsmodelle umstellen, was Bundesländer und Behörden forcieren können. Die Module zur Förderung erneuerbarer Energie werden wieder geöffnet, so dass Windkraft und Solarenergie den Strommix deutlich verbessern, das wäre der Best Case. In Bezug auf eine weiteren Erhöhung des eAuto-Umweltbonus sollte kein sozialistischer Goldregen, sondern eine sinnvolle Marktlenkung das oberste Ziel sein. Insofern wäre es klug, auch die Fahrzeugklasse L7E für eKleinstfahrzeuge mit aufzunehmen und die Förderung von Plug-in-Hybriden zu streichen.
Das Interview führte Ferdinand Hammer, stellv. Chefredakteur bei wallstreet:online.
⇢ Den Artikel finden Sie hier