eMobilität kann mehr

September 2020 / Artikel erschienen im Magazin Vision Mobility / Photo: Andreas Muntinga vom BEM-Mitgliedsunternehmen SolarAllianz Network SAN im Talk mit BEM-Präsident Kurt Sigl und seinem Microlino, dem ersten Vorserienfahrzeug in Deutschland – ⇢ Artikel finden Sie hier
Sie heißen ⇢ Microlino, ⇢ Ökoflitzer, ⇢ Trikke und ⇢ Twizy – Leichtfahrzeuge mit batterie-elektrischem Antrieb, die in Unternehmen des Bundesverbandes eMobilität (BEM) das Licht der Welt erblickt haben. Das Kraftfahrtbundesamt hat für sie keine Statistik, ohne Typgenehmigung dürfen sie nur mit Einzelzulassung fahren und diese vergeben die TÜV´s dieses Landes ohne zentralen Überblick. Auch wenn die Zahlen also noch fehlen, steht jetzt schon fest, die Nische ist groß: modulare Kleinfahrzeuge, Cargo-Roller, Pedelecs, umbaubare Bikes, faltbare Dreiräder, Kabinenroller – sie alle machen klar, die eMobilität kann mehr.
Wegen der Leichtigkeit des Antriebes und der Anpassung an verschiedenste Bedürfnisse entstehen ganz neue Vehikel mit völlig neuen Designs. Its not a car – sagen deshalb auch die Hersteller des Microlino auf ihrer Website. Die dreirädrige Kapsel, von denen drei Stück in eine straßenübliche Parklücke passen, sieht aus wie aus einem 20erJahre Sci-Fi-Film, ein Zweisitzer mit Kultfaktor. Für den Einkauf soll er helfen und mehr als 100km mit einer Batterieladung fahren. Noch gibt es ihn als Vorserienmodell, Interessenten können sich anmelden und das sind nicht wenige. Während manche Menschen in Deutschland also noch nicht mal zum eAntrieb gefunden haben, biegen die anderen bereits in die Straße der Neuanfertigungen ein. Wie etwa bei den Ökoflitzern: entweder verkapselt, wie ein ausgebauter Golf Cart Caddy mit Transportbox oder auch Moped ähnlich plus Lastenträger – die Fahrzeuge sind völlig neu entwickelt, mit hoher Reichweite, extrem wendig und kostensparend. Brief- und Paketzusteller sind hier die Zielgruppe, Zulieferer der letzten Meile. Ganz anders dagegen die Sonderfahrzeuge von Trikke Electric. Das dreirädrige Gefährt mit 40km Reichweite und einer Höchstgeschwindigkeit von 25km/h ist für Behörden, Sicherheitsdienste und Polizei gedacht. Es ist faltbar und damit portabel, es rechnet sich schnell und ist umweltfreundlich. Für die urbane Mobilität stehen Projekte wie der ⇢ Duck-Train in den Startlöchern. Das Projekt der Tüftler der RWTH Aachen soll innerstädtische Transportlogistik auf ein neues Effizienzlevel heben. Ein Führungsfahrzeug und mehrere elektrisch angetriebener Ducks dahinter können bis zu 25 km/h erreichen. Jeder Duck ist mit Sensorik und der Ducktrain Follow-Me-Software ausgestattet, welche das Führungsobjekt erkennt und virtuell mit dem Duck koppelt. So entsteht ein Zug aus Leichtfahrzeugen ohne physische Verbindung zwischen den Zugteilen. Hier ahnt man schon, was künstliche Intelligenz leisten wird.
Das Problem ist nur: weil es keine Autos sind, finden sie zu wenig Beachtung. Die Bürokratie mag die alten Technologien mehr. Wegen der fehlenden Stückzahl und damit der fehlenden Typ-Kennzeichnung durch das Kraftfahrtbundesamt sind die Fahrzeuge und Transporthilfsmittel nicht förderfähig. Sie fallen durch bei den AFA-Tabellen und den Fördergeldern. Einzelne Zuschüsse entstehen abhängig von der Region, durch Umwelt- oder eMobilitäts-Programme, Käufer müssen sich investigativ beim Hersteller und der jeweiligen Wirtschaftsförderung des betreffenden Bundeslandes informieren. Und: der Steuerschlüssel behindert ihre Wettbewerbsfähigkeit. Weil Leichtfahrzeuge ähnlich wie Mopeds, Mokicks und Roller nur kleine Versicherungsschilder haben, also keine Steuereinnahmen bilden, dürfen sie nur maximale 45 km/h fahren. Das behindert den Straßenverkehr. Um mit den Verbrenner-Fahrzeugen auf Augenhöhe zu konkurrieren, bräuchte es eine Erlaubnis für 60 km/h. Hier wäre eine Änderung längst fällig. Dass dies möglich ist, beweisen bestehende Ausnahmen. Obwohl es ein einfaches Moped ist, darf sie 60km/h fahren, die ostdeutsche Schwalbe auf gesamtdeutschen Straßen. Es ist Zeit für, wieder Mauern einzureißen.

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