Forderungskatalog skizziert Wege zu Neuer Mobilität

07. August 2017 / Artikel erschienen auf ⇢ www.euwid-energie.de
Der Bundesverband eMobilität hat die Ergebnisse des Diesel-Gipfels als eine von der Automobilindustrie vorgegebene Minimallösung kritisiert. »Damit ist eine einzigartige Chance vergeben worden, die Weichen für eine erfolgreiche Verkehrswende zu stellen. Ganz Europa hätte sich hier ein klares Zeichen in Richtung Zukunft und nicht in die Vergangenheit gewünscht«, kritisiert BEM-Präsident Kurt Sigl. Nun hat der Verband einen umfassenden Forderungskatalog vorgelegt, mit notwendigen Schritten zu einer erfolgreichen Verkehrswende.
Als Hauptargument für Politik und Automobilindustrie wird immer der Erhalt von Arbeitsplätzen in einer der Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft herangezogen. BEM-Präsident Kurt Sigl erklärt, warum das ein fataler Trugschluss ist. »Ja, wir werden langfristig einige Arbeitsplätze verlieren, wenn wir endlich konsequent anfangen, auf Elektromobilität zu setzen. Aber wir werden alle Arbeitsplätze verlieren, wenn wir das jetzt nicht anpacken.« Um die Mammutaufgabe Verkehrswende anzupacken hat der Bundesverband eMobilität nun einen politischen Forderungskatalog veröffentlicht.
Ab 2030 nur noch emissionsfreie Farhzeuge zulassen
Demnach sollen ab spätestens 2030 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden dürfen. Zusätzlich bedarf es einer Regelung für den Zeitraum bis 2030. Denlbar wäre vor dem Hintergrund der nahenden Dieseleinfuhrverbote in deutschen Städten beispielsweise eine Ausnahmeregelung nur für Unternehmen, die ihre Flotte turnusmäßig jedes Jahr um 5- 10 Prozent elektrifizieren. Nur diese erhalten im Sinne eines Bonus-Malus-Systems Einfuhrgenehmigungen für den Innenstadtbereich. Zudem müsse klar sein, dass die Umstellung auf Elektrofahrzeuge auch Zweiräder, Busse und weitere Verkehrsträger betreffen muss, »denn in einem intermodalen Ansatz werden wir erfolgreich eine saubere, leise und insgesamt nachhaltige neue Mobilität auf Basis erneuerbarer Energien umsetzen können«, heißt es in dem Forderungskatalog.
Ferner empfiehlt der Verband die sichtbare Anschaffung von Elektrofahrzeugen in den Fuhrparks und Flotten der öffentlichen Hand. Gegenwärtig seien in Deutschland etwa drei Millionen Fahrzeuge in öffentlichen Flotten und Fuhrparks unterwegs, das Beschaffungsvolumen liege Schätzungen zufolge bei etwa 480 Mrd. Euro im Jahr. Spielraum, der im Sinne einer von der Politik angestrebten Verkehrswende sehr viel besser ausgenutzt werden sollte.
Begründungsklausel für öffentliche Anschaffung eines herkömmlich motorisierten Fahrzeugs
So sollten bei der öffentlichen Ausschreibung von Fahrzeugen Umweltaspekte künftig noch stärker Berücksichtigung finden, um öffentlichen Einrichtungen die Anschaffung umweltschonender Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu erleichtern. Die Einführung einer Begründungsklausel, in welcher dagelegt werden muss, warum statt eines Fahrzeuges mit alternativem Antrieb ein herkömmlich motorisiertes Fahrzeug angeschafft werden soll, wäre ein wichtiger Schritt für die Verkehrswende (siehe Beschaffungsmanagement in Hamburg).
Auch für den Ausbau und die Standardisierung der Ladeinfrastruktur macht der Bundesverband Elektromobilität konkret Vorschläge. So sollte bei größeren Bauvorhaben (Wohnanlagen, Einkaufszentren, usw.) das Verlegen elektrischer Anschlüsse für Ladeinfrastruktur z.B. in Tiefgaragen oder auf (Anwohner-)Parkplätzen zukünftig obligatorisch sein, um Kosten und Aufwand für die nachträgliche Installation von Lademöglichkeiten so gering wie möglich zu halten. Auch Abschreibungsmöglichkeiten für die Installation von Ladeinfrastruktur in Privathaushalten sollten geprüft werden.
Neben sicheren diskriminierungsfreien Bezahl- und Abrechnungssystemen für Lademöglichkeiten spricht sich der Verband eMobilität für eine Anpassung der Preise des Ladestroms pro kWh an den Haushaltstarif aus, um die Wirtschaftlichkeit des Betriebes von Elektrofahrzeugen zu verbessern. Beim Vertrieb von Strom an einer privaten Ladesäule fordert der Verband ebenfalls Veränderungen. Bislang ist es dem Privatnutzer nicht gestattet, seine Wallbox beispielsweise tagsüber der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen und den Stromverbrauch von »Kunden« abzurechnen, da ein Verkauf von Strom eine entsprechende Lizenz voraussetzt. Dieser Aspekt gehört nach Ansicht des Branchenverbandes dringend modifiziert, da hier ein privates Geschäftsmodell (im Kleinen) verhindert wird und somit ein Incentive bzw. Überzeugungsmerkmal. Zudem würde dadurch der Bedarf an öffentlich geförderter Ladeinfrastruktur mittelfristig deutlich sinken.
Ferner sollten die Elektrofahrzeuge in der Lage sein, Leistung zur Netzstabilisierung einspeisen zu können, um den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Ebenso wichtig ist vor dem Hintergrund ein funktionierendes Lastmanagement, sonst werde der Ausbau der Netzinfrastruktur zu teuer.
Abschaffung von Diesel-Subventionen
Vor dem Hintergrund eines klaren Bekenntnisses zur Elektromobilität ist es wichtig, die bestehenden Subventionen für Diesel-Kraftstoff sowie die Subventionierung von Dieselbussen abzuschaffen. Das damit eingesparte Geld könnte dann direkt in eine höhere Förderung für Elektrobusse, elektrische Lieferfahrzeuge und intermodale Ketten im Innenstadtbereich fließen, wie auch dem Privatnutzer von eFahrzeugen in Form von Anreizen zum Fahrzeugkauf und entsprechender Wallbox zu Gute kommen.
Die Geschwindigkeitsbegrenzung von Kleinkrafträdern sollte von 45 km/h auf 55 km/h angehoben werden, um sie im innerstädtischen Verkehr als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrzunehmen. Wenn auch Kleinkrafträder künftig im Verkehrsfluss »mitschwimmen« könnten, würden sich Kunden künftig sehr viel sicherer auf der Straße fühlen und damit würde die Hürde der Konsumenten beim Kauf verringert.
Wichtig wäre darüber hinaus außerdem die Aufnahme von elektrischen Leichtkraftfahrzeugen (bis L7e) in den bestehenden Förderungskatalog des Elektromobilitätsgesetzes. Bis dato fallen darunter nur klassische Pkw der Klasse M. Die Erweiterung des zulässigen Gesamtgewichtes in der M1 Klasse bezüglich der Führerscheinklasse sollte analog zur N1 Klasse angehoben werden.
Gewichtsklasse für elektrische 3,5-Tonner anheben
Wenn beispielsweise Transporter zu elektrischen Bürgerbussen umgebaut werden, übersteigt das Gesamtgewicht aufgrund einer Rampe für Rollstuhlfahrer und den notwendigen Batteriepacks oft die entsprechenden 3,5 t. Mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer oder bei Reichweiten über 100 km ist dieses mit der heutigen Batterietechnologie nicht mehr zu schaffen.
Gerade hier macht der Einsatz von Elektrofahrzeugen aber Sinn, kritisiert der Verband, und kann nicht umgesetzt werden, weil die entsprechende Gewichtsklasse noch auf den Verbrennungsmotor ausgelegt ist.
Zu guter Letzt schlägt der Verband eMobilität eine Reform der Kfz-Steuer als notwendig vor. Circa 20 Prozent der CO2- Emissionen und 38 Prozent der Stickoxid-Emissionen in Deutschland entstammen laut BEM dem Verkehrssektor.. Es wäre daher nur logisch und konsequent, die Kfz-Steuer künftig ausschließlich am CO2- und Stickoxid-Ausstoß eines PKW zu orientieren und dadurch ihre Lenkungswirkung hinsichtlich einer umweltschonenden Mobilität zu erhöhen.
Quelle:  www.euwid-energie.de 

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