Griin-Gespräch mit Kurt Sigl, BEM-Präsident
Letzte Woche war Griin wie gesagt auf Einladung von Volvo beim Social Media Day in Frankfurt, wo sich Vertreter der deutschen Blogger-Szene mit Volvo über die Zukunft der Mobilität ausgetauscht haben. Hauptgrund für unsere Zusage war der Gastredner des Tages: Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität (BEM).
Kurt Sigl ist ein leidenschaftlicher Verfechter der eMobilität – und arbeitet mit Nachdruck daran, das Thema auf die Agenda und auf die Straßen des Landes zu bringen. Seine Thesen:
Die Kunden müssen sehen: ‘E’ geht jetzt schon – es funktioniert!
Der BEM hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, in jeder seiner Landesvertretungen einen Showroom für Elektromobile zu eröffnen – vom eScooter über Segways & Pedelecs bis hin zum eAuto oder eTransporter – die Besucher sollen erleben können, das eMobilität keine Zukunftsmusik ist, sondern die Fahrzeuge bereits existieren. Außerdem bietet der BEM Interessenten die eMobilitäts-Roadshow an.
Das Statussymbol der Zukunft ist nicht das Auto, sondern das Smartphone!
Kurt Sigl ist überzeugt, dass die junge Generation ein wesentlich pragmatischeres Verhältnis zum Auto haben wird, als es noch ihre Elterngeneration hatte. Und erste Umfragen geben ihm recht: iPhone, iPod oder Smartphone haben das Auto schon jetzt überholt. Individuelle Mobilität werden sie nicht anzweifeln – die ist auch ihnen wichtig. Aber die Art uns Weise, mobil zu sein, die wird sich ändern. In den Worten von Kurt Sigl: “Überall auf der Welt fahren die Menschen im Schnitt 35-50 km am Tag. Dafür sind eAutos perfekt. Klar will ich auch nach Südfrankfreich an die Küste. Aber muss das mit demselben Auto sein?”
Wasserstoff hat keine Chance. Die Batterie wird sich durchsetzen.
Auf die Frage hin, was er über Wasserstoff-Fahrzeuge denke, gibt sich Sigl pessimistisch: Wasserstoff sei erstens zu aufwendig in der Herstellung. Und zweitens, was viel wichtiger sei, fehle die komplette Infrastruktur – von der Produktion bis hin zur Zapfsäule. Strom hingegen gäbe es in jedem Winkel des Landes, sogar bei den Leuten zu Hause. Das sei ein unschlagbarer Vorteil für batteriebetriebene Elektroautos.
Ich sehe schon: Der Kerl hat einfach zu viele spannende Sachen gesagt. Daher geht es morgen weiter mit Teil 2 unseres Gespräches mit Kurt Sigl. Doch für heute wissen wir schon soviel: Griin likes Kurt Sigl. Deshalb haben wir ihm auch gleich einen unserer “Griin likes“-Aufkleber aufgedrückt – er hat sich riesig gefreut und gesagt: “Den behalte ich drauf!”
Nach Teil 1 kommt hier wie versprochen Teil 2 unseres Gespräches mit Kurt Sigl, dem Präsident des Bundesverbands eMobilität. Seine erste These ist an die deutschen Autobauer gerichtet.
125 Jahre Geschichte Verbrennungsmotoren lassen sich nicht einfach wegwischen. Aber die deutschen Autobauer müssen einsehen: Öl hat keine Zukunft!
Nach Informationen des BEM gab es in Deutschland 2010 ca. 55 Millionen Fahrzeuge. 2050 sollen es 250 Millionen sein – das Fünffache. Noch schlimmer sähe es in Wachstumsmärkten wie China aus. Die Ölförderung hätte ihren Peak allerdings längst überschritten. Daher sei es schlichtweg nicht machbar, diesen immensen Bedarf an Energieträgern mit Öl zu decken. Öl ist ein Auslaufmodell.
Es geht doch darum: In Zukunft müssen wir Mobilität verkaufen, keine Autos. Da muss alles drin sein: Auto, Bus, Bahn, Rad und Flugzeug!
Das durchschnittliche Auto steht 23 von 24 Stunden am Tag herum. Sigl nennt das nicht Fahrzeug, sondern ein Stehzeug. Und dann ist es auch noch zu groß, um alleine zur Arbeit zu fahren und zu klein, um mit der ganzen Familie umzuziehen. Das Konzept, jeder müsse ein eigenes Auto haben, ist für ihn überholt.
Wir müssen das jetzt nicht alles abrupt machen. Aber denken müssen wir es jetzt.
Dem BEM geht es nicht darum, überstürzt alte Strukturen über Bord zu werfen. Aber um nicht den Anschluss an die Konkurrenz-Regionen China und Amerika zu verlieren, müssen sich jetzt alle Player in Deutschland zusammentun und die Zukunft schon heute denken. Und sie müssen alt angestammte Reviere aufgeben: Bei Elektromobilität sitzen neue Akteure am Tisch: Energieversorger, Batterieentwickler, Solarfirmen, und und und – die Autobauer müssen sich auf neue Partner einstellen.
Es braucht Querdenker, es braucht Innovationsschmieden. Aber es braucht auch die Förderung vom Staat!
Wenn es nach dem BEM geht, muss die Politik ihren Worten auch Taten folgen lassen – nach dem Motto “Put your money where your mouth is”. Sie kann nicht Deutschland als Leitmarkt fordern, aber dann tatenlos zusehen, wie Franzosen, Engländer & Chinesen milliardenhohe Kaufprämien für eMobile verteilen. Heute könne auch kein Mensch telefonieren, hätte der Staat nicht in die Infrastruktur für Kommunikation investiert. Nach Kurt Sigl bleibt der Politik in Deutschland keine andere Wahl: Spätestens, wenn deutsche Autobauer ihre eModelle auf Markt bringen, kommt die Subvention auch hier.
Was denkt ihr dazu?
Quelle: www.griin.de Der Blog zur nachhaltigen Mobilität / Teil 1 / Teil 2