Im politischen Diskurs

Der Fördervorschlag des BEM steht zur Diskussion
»Wir haben mit unserer Umlageförderung einen kontroversen Vorschlag gemacht, um die laufende Debatte zum Thema Förderung der Elektromobilität anzuheizen. Das ist uns gelungen. Es war von vornherein zu erwarten, dass wir damit nicht überall auf Gegenliebe treffen würden. Der Zukunftsmarkt Elektromobilität berührt eben nicht nur eine Branche, deren Interessen relativ homogen sind, sondern zahlreiche, sehr unterschiedliche Branchen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Vor diesem Hintergrund ist es nicht immer leicht, alle Interessen gleichermaßen zu berücksichtigen – ein Energieversorger etwa hat andere Präferenzen als beispielsweise ein Automobilhersteller. Wichtig bleibt hier, das gemeinsame Ziel weiterhin im Auge zu behalten:
eMobilität langfristig als realistische Mobilitätsalternative auf die Straße zu bringen. Wir werden die Debatte gerne weiter mit Ihnen führen und unseren Vorschlag sukzessive anpassen und weiter entwickeln«, so Christian Heep, Vorstand Marketing beim Bundesverband eMobilität.
In einem ersten Schritt stand der Fördervorschlag im politischen Diskurs. Die Bundestagsabgeordneten sowie Vertreter der relevanten Bundes- und Landesministerien waren aufgefordert, in einem Statement Stellung zur Umlageförderung zu beziehen. Unter Berücksichtigung der eingegangenen Kommentare und dem Feedback der BEM-Mitgliedsunternehmen versteht sich unser Fördervorschlag als lebendes Dokument, dass permanent versucht, sich aktuellen Gegebenheiten, Ansprüchen und Vorbehalten anzupassen, um mit einer konsensfähigen, schlüssigen Argumentation am Ende des Prozesses überzeugen zu können.
Drei grundlegende Aspekte haben sich bis dato herauskristallisiert: Erstens die Orientierung der Umlagehöhe am CO2-Ausstoß der Fahrzeuge, zweitens der Vorschlag der Integration von Bonus-Malus-Systemen und drittens die Frage, ob Elektromobilität überhaupt gefördert werden sollte. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der Statements und jeweils einen entsprechenden BEM-Kommentar.
Orientierung am CO2-Ausstoß
Eine CO2-neutrale Mobilität ist keine Option, sondern die einzige Möglichkeit, globale Mobilitätsbedürfnisse überhaupt auf Dauer zu gewährleisten. Elektromobilität ist eine Technologie, die das Potenzial hat, den Verbrennungsmotor nachhaltig und sinnvoll zu ersetzen. Auf dem Weg dahin werden sowohl verbesserte konventionelle Fahrzeuge als auch Hybride, Plug-In-Hybride sowie Elektrofahrzeuge mit Range-Extender dazu führen, dass wir sukzessive weniger abhängig von fossilen Rohstoffen sind. Vor diesem Hintergrund orientiert sich die Umlagehöhe unseres Fördervorschlags selbstverständlich am CO2-Ausstoß des jeweiligen Fahrzeugs.

Dr. Valerie Wilms, MdB (Bündnis 90/Die Grünen),Parlamentarische Beirätin im BEM
»Mit den Privilegien in der Einkommenssteuer unterstützt die Allgemeinheit große Dienstwagen. Je teurer der Wagen, umso höher die Steuerersparnis. Dieses System fördert den Absatz der meisten deutschen Hersteller sehr entscheidend, hat aber auch den Nebeneffekt, dass diese Wagen meist die umweltschädlichsten sind. Diese Praxis ist sehr fragwürdig. Deswegen wollen die Grünen das Dienstwagenprivileg zurückfahren. Hinzu kommen soll ein Kaufzuschuss in Höhe von 5.000 Euro, der über ein am CO2-Ausstoß orientiertes Bonus-Malus-System innerhalb der Kfz-Steuer finanziert wird. Der BEM schlägt nun vor, die Kraftfahrzeugsteuern aller herkömmlichen Autos zu erhöhen, um damit die Elektromobilität zu fördern. Das bedeutet: Benziner und Diesel finanzieren Elektromobile. Um sich ökologischer fortzubewegen, gäbe es für Besitzer herkömmlicher Fahrzeuge keine andere Möglichkeit außer dem Verzicht auf ein eigenes Fahrzeug oder den Kauf eines Elektromobils. Sparsame oder seltene Fahrten und die Nutzung von Bus, Bahn oder Rad hätten keinen Einfluss. Vor allem ärmere Menschen, für die die Schwelle zum Neuwagen zu hoch ist, wären von der zusätzlichen Kfz-Steuer betroffen. Ich bin sehr zurückhaltend, ob es damit einen »gesamtgesellschaftlichen Konsens« für mehr Elektromobilität geben wird.«
Dr. Anton Hofreiter, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)
Lisa Paus, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)

»Der von der Bundesregierung verkündete Leitmarkt Elektromobilität ist bisher ein Papiertiger. Selbst die Umsetzung des schwarz-gelben Regierungsprogramms Elektromobilität verläuft nur schleppend. Und Kaufprämien, die in allen anderen wichtigen Automobilmärkten eingeführt sind, lehnt die Bundesregierung bisher ab. Hier droht eine wichtige Zukunftschance verspielt zu werden. Wir fordern seit 2009 eine Kaufprämie von 5.000 Euro für Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von weniger als 60 g/km. Von dieser technologieneutralen Förderung würden nicht nur reine Elektrofahrzeuge, sondern auch Plug-In-Hybride und Range Extender profitieren. Wie der BEM sehen wir auch eine Gegenfinanzierung über die Kfz-Steuer vor. Allerdings sind wir gegen einen pauschalen Aufschlag, der nicht nach dem CO2-Ausstoß unterscheidet. Stattdessen wollen wir ein Bonus-Malus-System mit deutlich höheren Kfz-Steuern für »Spritfresser«, aus denen dann die Kaufprämie finanziert wird.
Dr. Thomas Gambke, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)
»Die Kfz-Steuer sollte sich vollständig am CO2-Ausstoß orientieren und deutlich progressiv ausgestaltet sein. So würde sie jeder schadstoffarmen Technologie, also auch der eMobilität, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Auch ein privilegierter Zugang von emissionsarmen Fahrzeugen zu Innenstädten und besondere Parkräume wären interessante Anreize.«
Richard Pitterle, MdB (DIE LINKE)
»Da der Bund bereits erhebliche Mittel für Forschung und Entwicklung im Bereich Elektroautos einsetzt, lehnen wir Ihren Vorschlag einer Umlageförderung über eine pauschale Erhöhung der Kfz-Steuer ab. Eine solche pauschale Erhöhung würde zudem keine Lenkungswirkung für die herkömmlich betriebenen Fahrzeuge bedeuten. Nötig ist eine vollständige Umstellung der Kfz-Steuer auf den CO2-Ausstoß, flankiert durch Zu- und Abschläge entsprechend der Emissionsklassen. Dies kann – einerseits weil die Daten nicht für alle Fahrzeuge vorliegen, andererseits aus sozialen Gründen des Bestandsschutzes – nur für neu zugelassene Fahrzeuge gelten. Damit werden für den Neuwagenkauf wirksame Anreize dafür gesetzt, zukünftig verbrauchsarme Modelle zu beschaffen.«
Bonus-Malus-System für »Spritfresser«
Wir möchten mit unserem Fördervorschlag Besitzer konventionell betriebener Autos keineswegs unter Druck setzen, auf Elektromobilität umzusteigen. Vielmehr möchten wir diejenigen, die sich für ein eAuto entscheiden, unterstützen. Wie bereits erwähnt, wird sich die Höhe der Umlage am CO2-Ausstoß des jeweiligen Fahrzeugs orientieren. Das hat zur Folge, dass insbesondere große und ineffiziente Fahrzeuge die Kaufprämie für Elektroautos mitfinanzieren werden. In diesem Oberklasse-Segment werden nach unserem Modell maximal 60 Euro pro Jahr mehr an Kfz-Steuern keine signifikanten Auswirkungen auf die Kaufentscheidung haben. Gleichzeitig werden aber die Automobilhersteller dazu animiert, auch ihre konventionellen Fahrzeuge sukzessive effizienter zu gestalten. Im Kleinwagensegment wird die Erhöhung der Kfz-Steuer je nach tatsächlicher Ausgestaltung im Bereich zwischen 5 und 20 Euro ebenfalls keine nachvollziehbare Argumentation für eine pseudo-verbaucherfreundliche Ablehnungsintention liefern können. Der weitere Anstieg der Benzinkosten hingegen schon.

Wolfgang Tiefensee, Bundesverkehrsminister a.D.,MdB (SPD), Parlamentarischer Beiratsvorsitzender im BEM
»Das Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen im Jahr 2020 liegt leider noch in weiter Ferne. Klar ist, dass bessere Kaufund Anreize geschaffen werden müssen, um das Soll bis 2020 erfüllen zu können. Hier ist in erster Linie die Bundesregierung gefordert, die bisher zu halbherzig agiert. Die Erhöhung der Mittel für Forschung und Entwicklung auf eine Milliarde Euro ist zwar ein richtiger aber viel zu kleiner Schritt. Hier wäre der richtige Ansatz, die Mittel für Forschung und Entwicklung deutlich zu erhöhen, um die Serienreife deutscher Elektrofahrzeuge zu beschleunigen. Die Idee einer Umlage auf die Kfz-Steuer herkömmlicher Autos, zur Förderung der Elektromobilität, sehe ich hingegen kritisch. Eine solche Umlage könnte den Eindruck erwecken, man wolle die Besitzer konventionell betriebener Autos unter Druck setzen, auf Elektromobilität umzusteigen. Dies wird kaum deren Bereitschaft steigern, dies auch zu tun. Der richtige Weg kann deshalb nur sein: positive Anreize setzen und Interesse an der neuen Technologie wecken. Die steuerliche Begünstigung von Elektroautos ist richtig. Mittelfristig sollte auch über eine Kaufprämie nachgedacht werden, vorausgesetzt, die deutschen Hersteller sind dann weit genug, um von der Regelung auch zu profitieren. Die Finanzierung muss durch Umschichtungen im Bundeshaushalt gesichert werden – es ist schließlich Aufgabe der Politik, die richtigen Schwerpunkte zu setzen.«
Patricia Lips, MdB (CDU)
»Die Förderung der eMobilität ist der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Deshalb sollen durch das Regierungsprogramm eMobilität auch mittels steuerlicher Fördermaßnahmen positive Kaufanreize gesetzt werden. So soll die Kfz-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge auf zehn Jahre verdoppelt und auf alle Fahrzeugtypen ausgedehnt werden. Gleichzeitig soll im Einkommenssteuerrecht ein Nachteilsausgleich bei der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge erfolgen. Negative steuerliche Maßnahmen für alle anderen Autofahrer wie durch die von Ihnen vorgeschlagene Erhöhung der Kfz-Steuer sind gerade angesichts steigender Mobilitätskosten das falsche Signal.«
Initiale Förderung der Elektromobilität
Auch wir befürworten die breite Förderung von Forschungsvorhaben sowie die sichtbare Unterstützung im Rahmen der aktuellen Schaufensterprojekte. Elektroautos dürfen keinesfalls langfristig von Subventionen abhängig sein – vor diesem Hintergrund haben wir unser Modell der Umlageförderung automatisch degressiv gestaltet.
Eine staatliche Förderung der Neuen Mobilität betrachten wir als Initialzündung, von der eine erhebliche Eigendynamik ausgehen wird. Wenn Deutschland nicht nur Leitanbieter, sondern auch Leitmarkt werden will, muss die Einführung von Elektrofahrzeugen auch mit Hilfe monetärer Kaufanreize aktiv in einem Erstmarkt unterstützt werden.

Dirk Fischer, MdB (CDU)
»Notwendig sind der Ausgleich des steuerlichen Nachteils bei der privaten Nutzung von Firmenwagen – mit einem Neuwagenanteil von 60% – aufgrund des höheren Anschaffungspreises und eine Selbstverpflichtung von Bund, Ländern und Gemeinden, ihren Fahrzeugpark auf Elektromobilität umzurüsten, da sonst das Ziel von einer Million Elektrofahrzeuge bis 2020 deutlich verfehlt werden wird.«
Dr. Georg Nüßlein, MdB (CSU)
»Elektromobilität muss integraler Bestandteil der Energiewende sein, allein schon wegen der Option teilweise überschiessenden regenerativen Strom zu speichern. Auch für unsere Automobilindustrie, die wie keine andere Branche unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand bestimmt, ist der Anschluss an dieses Zukunftsfeld wichtig. Die Einführung des Wechselkennzeichens macht den konventionellen Pkw »quasi-hybrid«. Wir schaffen hier eine rechtliche Ausgangssituation, die helfen wird, mehr Elektromobile auf die Straße zu bringen. Schließlich geht es darum, Routinefahrten z.B. zur Arbeit elektromobil abzuwickeln. So wird das Elektromobil zur Option auch auf dem Land. Meines Erachtens sind Subventionen aktuell nicht erforderlich, ja sie könnten sogar innovationshemmend wirken.«
Thomas Lutze, MdB (DIE LI NKE)
»Im Bereich des Individualverkehrs konkurriert die reine Elektromobilität mit weiteren Technologien zur Effizienzsteigerung, wie z.B. der des Hybridantriebes. Den Durchbruch wird die Elektromobilität erreichen, wenn die Automobilindustrie den Verbrauchern wirtschaftlich konkurrenzfähige und alltagstaugliche Angebote unterbreiten kann. Sobald dies erreicht ist, werden sich die Kosten für Forschung und Entwicklung in Form entsprechender Gewinne wieder auszahlen. Einer steuerfinanzierten Förderung der Industrieforschung stehe ich deshalb kritisch gegenüber.«
Martin Zeil, Wirtschaftsminister Bayern
»Wir haben in Deutschland ein klares Ziel: Bis 2020 wollen wir eine Million Elektrofahrzeuge auf unsere Straßen bringen. Bayern hat dafür bereits Einiges getan. Ich nenne nur unsere drei Modellinitiativen, die wir als Bayerische Staatsregierung mit 30 Millionen Euro im Rahmen unserer Zukunftsinitiative »Aufbruch Bayern« fördern. Mit solchen Modellprojekten, mit Investitionen in die Infrastruktur und mit staatlichen Mitteln für die technologische Grundlagenforschung können wir unseren Teil dazu beitragen, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Bei der konkreten Markteinführung ist aber vor allem die Wirtschaft gefragt, der Staat kann hier allenfalls unterstützend wirken. Hierzu hat der Bund am 24. Mai 2012 beschlossen, Elektroautos künftig zehn statt bisher fünf Jahre von der Kfz-Steuer zu befreien. Weitere steuerpolitische Tatsachen zum Zweck der Markteinführung sollten aber nicht geschaffen werden. Dies würde den Steuerdschungel nur zusätzlich verdichten und den langfristigen Erfolg durch eine Verzerrung von Marktprozessen gefährden anstatt zu unterstützen.«
Bitte beteiligen Sie sich aktiv am weiteren Diskurs und unterstützen Sie uns mit Anregungen, Statements, Feedback und Kritik bei der weiteren Ausarbeitung unseres Fördervorschlags: christian.heep@bem-ev.de
NEUE MOBILITÄT 08 // Juli 2012 // Seite 30-32

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