Intelligente Stromtankstelle

Elektromobilität braucht praktikable Ladelösungen
Elektromobilität ist auf dem Weg in die Städte. Langsam, aber absehbar. Die Infrastruktur muss deshalb wachsen. Und diese benötigt Design und Engineering. Beim bisher vernachlässigten Backend tut sich einiges. Die mittelständische Heldele GmbH beispielsweise entwickelt seit zwei Jahren eine Stromtankstelle: Hinter robustem und modularem Design verbirgt sich Software für Zahlungsfunktion, Ortung und bald auch Vorreservierung via App. Das Design soll dafür sorgen, dass Stromtankstellen im öffentlichen Raum akzeptiert werden. Die mittelständische Entwicklung ist Kernbestandteil des dreijährigen, staatlich unterstützten Forschungsprojekts »Elektromobilität im Stauferland« der Städte Göppingen und Schwäbisch Gmünd, das Nutzerverhalten von emobiler Infrastruktur analysiert.
Entscheidend: Richtig installieren
Doch der kritische Punkt für Anwender ist das Integrieren der emobilen Strombedürfnisse in die elektrischen Gegebenheiten. In jedem Gebäude finden sich verschieden leistungsfähige Kabel und Verteiler. So reichen die Kapazitäten für einen Schnelllader mit immerhin bis zu 22 kW Leistung und einem Ladestrom von maximal 32 Ampere im 400 Volt-Netz selten aus. Die meisten älteren Kabel sind oftmals nur für haushaltsübliche 3,7 kW ausgelegt. Geht der Installateur der Lage nicht auf den Grund, drohen Schmorbrände. »Unser Vorteil ist, dass wir uns mit Gebäudetechnik auskennen und bei jedem Schritt wissen, wie der Strom zu handhaben ist«, sagt Stromtankstellen-Projekttechniker Erik Büchner. Im Einzelfall kann der gelernte Energie- und Gebäudeelektroniker schnell entscheiden und umdisponieren, wie er am besten den neuen Verbraucher in die Haustechnik integriert. Etwa bei der Göppinger Arbeiterwohlfahrt, wo der Heldele-Mitarbeiter im Sommer 2012 drei Stromtankstellen in ein altes Netz einband. Dazu installierte er auch Kabeltrassen und Rohre, durchbrach Mauern und schottete ab. Seit Jahrzehnten wechseln die Anforderungen. Doch was Büchner aktuell verbaut, muss neuesten Normen gerecht werden. Etwa der VDE 0100-600, die besagt, wie Anlagen sicher funktionieren, so dass sie vor Überlastung geschützt sind. Das Prüfprotokoll besteht deshalb aus Daten zu Isolation, Netzinnenwiderstand, Auslösestrom und -zeit des FI-Schalters. Ohne detailliertes Wissen über Gebäudetechnik und die vielzähligen Normen können deshalb beim Installieren einer Ladestation entweder Schäden entstehen oder die Ladeleistung beeinträchtigt werden. Unzufriedene Nutzer sind in jedem Fall die Folge.
Schnelles Laden durch die beste Steckdose
Beim FI-Schalter liegt für Anwender die Krux. Stromtankstellen sind mit der Intelligenz modernster Computer ausgestattet. Control Pilot (CP) und Proximity Pilot (PP) kommunizieren mit dem Fahrzeug und erteilen Freigaben. Deshalb sind die meisten Stationen wie Schaltschränke komplett abgeschottet. Zumal die Niederspannungsrichtlinie VDE 0100-520 besagt, dass die inneren Bauteile gegen direktes Berühren zu schützen sind.
Anwenderfreundliches Bedienen
Doch fällt nur eine Sicherung, müssen sofort Servicetechniker gerufen werden. Um den Besitzern Zeit und Kosten zu sparen, wurde das bei der Konstruktion bedacht. So sind allein der FI- und Leitungsschutz-Schalter bei der Wallbox leicht zugänglich: Nur zwei Schrauben sind zu lösen. Alle anderen Bauteile bleiben abgeschottet.
Nutzerfreundlich ist auch einhändiges Bedienen: Ein Magnet hält die Schutzkappe des Steckverbinders unten, solange die Lade-Freigabe erteilt ist. Ist dann etwa ein Elektro-Smart mit der Tankstelle verbunden, lässt er sich nicht wegfahren. In der Software steckt jede Menge Intelligenz: Etwa hinter der Ladebuchse nach Standard IEC 62196-2 und im Steckverbinder nach IEC 61851-1 des in Europa gebräuchlichen Typ 2 Steckers. Durch diesen lädt sich der Akku mit einer Kapazität von etwa 18 kWh im Gegensatz zu einphasigen Steckern und Steckverbindern in nur einer Stunde von 20 auf 100 Prozent auf. Mittels Pulsweitenmodulation kodieren sich hierbei der maximal zulässige Ladestrom und die Kommunikation des eAutos. Im Lademodus 3 beschickt etwa eine öffentliche Ladestation den Pilotkontakt CP mit einer 1 kHz-Rechteckschwingung mit etwa 12 Volt, die auf der Seite des Fahrzeugs über einen Widerstand und eine Diode auf den Schutzleiter PE zurückgeführt wird und die Freigabe für die maximale Leistung anfordert.
Was die Zukunft bringt
Als Schnittstelle zur Authentifizierung zwischen Auto und Ladestation, am Frontend, dient bisher oftmals noch RFID, damit Nicht-Smartphone-Besitzern das Tanken nicht verwehrt ist. »Doch in nicht allzu ferner Zukunft übernehmen diese Funktionen vor allem Apps«, sagt Büchner. Das Backend, die Abläufe zwischen Stromtankstelle und EVU sowie Betreibern, war bisher noch unklar, weshalb Elektrotechnikfirmen wie Heldele hier Lösungen entwerfen: Vom Vorreservieren und Bezahlen bis zum Registrieren regelt sich alles online. Die Abrechnung bei den Betreibern, beispielsweise EVU, laufe dann über eine Cloud-Plattform, so Büchner. Hier entstehen weniger IT-Kosten und Smart Grid-Ansätze geben den Betreibern Kontrolle über die Ladesäulen. Diese besitzen dann durch Smart Metering-Zähler die Möglichkeit, differenzierte Tarif- und Preismodelle je Ladepunkt abzubilden.
Erik Büchner
Projekttechniker Kompetenzcenter Technology
⇢ Heldele GmbH
⇢ www.heldele.de
⇢ www.die-stromtankstelle.de

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