(K)ein Grund zur Panik?

März 2018 / Artikel erschienen im ⇢ Berliner Behörden Spiegel / 33. Jg / 10. Woche
(BS/Adrian Bednarski) Deutschland im Jahr 2035. 30 Prozent der Autos werden elektrisch angetrieben. Dann passiert es – Blackout: Der Strom fällt aus, weil alle Bürger ihre eAutos gleichzeitig laden. Ein bedrohliches Szenario. Aber wie realistisch ist es?
»Für diese Menge an eAutos ist das Niederspannungsnetz im deutschen Stromnetz nicht ausgelegt«, heißt es in der Studie mit dem Titel »Der eMobilitäts-Blackout« der Technischen Universität München in Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen. In ihr wird das oben beschriebene Szenario untersucht. Ohne präventive Maßnahmen sei ab 2032 mit flächendeckenden Stromausfällen zu rechnen, warnen die Autoren.
Blackout-Hysterie
»Der Blackout bezeichnet einen großflächigen Stromausfall, bei dem auch kein Restnetz mehr besteht, um den Betrieb auf dieser Grundlage wieder aufnehmen zu können«, erläutert Olaf Peter Eul, Sprecher der Bundesnetzagentur. In Deutschland sei bislang kein solcher Fall eingetreten. Davon zu unterscheiden seien auch großflächigere Versorgungsunterbrechungen wegen der Beschädigung von Betriebsmitteln – etwa Strommasten -, die jedoch gleichermaßen keinen Blackout darstellen würden.
»Die Angst vor einem Blackout ist unbegründet, da das deutsche Stromnetz fortlaufend modernisiert wird«, entgegnet Stefan Kopferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) der Studie. Auch der Bundesverband eMobilität (BEM), die Bundesnetzagentur sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) schätzen den Blackout für unwahrscheinlich ein, wie eine Abfrage des Behörden Spiegel ergab.
Kapferer räumt aber ein, dass der Aufschwung der Elektromobilität zu einer veränderten Belastung des Stromnetzes, insbesondere der Niederspannungsebene, mit punktuellen Lastspitzen führen werde. »Diese könnten auf der Ebene der Ortsverteilung, aber auch einiger Umspannwerke, nicht zur Verfügung gestellt werden«, so die Erläuterung seitens des VKU.
Baut die Netze aus
»Deutschland hat im internationalen Vergleich eines der zuverlässigsten Stromnetze überhaupt. Dieses konstant hohe Niveau der Versorgungssicherheit gilt es beizubehalten«, so Eul. Dafür wiederum bräuchten die Verteilnetzbetreiber präzise Informationen, um den Netzausbau auf der Nieder- und Mittelspannungsebene voranzutreiben. Nach dem VKU ist der Netzausbau jedoch mit hohen Investitionen verbunden. »Das bezahlt der Verbraucher über die Netzentgelte, deshalb sollte dieser der letzte Schritt sein«, betont der Verband. Dies sei wiederu unwirtschaftlich sowie sozial ungerecht, wenn die Verteilnetze ausgebaut würden, um jedem Fahrzeugnutzer die Möglichkeit zu bieten, sein eAuto zuhause mit beliebiger Ladeleistung aufzuladen.
Flexibles Laden als Übergangslösung?
Es existiert auch ein anderer Lösungsansatz. »Wir gehen davon aus, dass die Integration Erneuerbarer Energien bei einer großen Anzahl gesteuerter, intelligenter Ladevorgänge verbessert wird und damit die Netzsituation insgesamt weiter stabilisiert werden kann«, so BEM-Vizepräsident Christian Heep. »Hier müssen die Potenziale der Digitalisierung konsequent genutzt und smarte Technik wie Steuerungssoftware in den Netzen eingesetzt werden«, ergänzt der Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Perspektivisch könnten die eFahrzeuge einen Beitrag leisten, um das Stromnetz zu stabilisieren: Denn die Batterien könnten als flexible Zwischenspeicher für die schwankende Einspeisung aus Erneuerbaren Energien genutzt werden.
Außerdem sei, verglichen mit dem Netzausbau, die intelligente Steuerung der Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen die kostengünstigere Lösung, so der VKU. »Sie ist verursachungsgerecht, weil die Zusatzkosten dort anfallen, wo auch der Zusatznutzen entsteht.« Deshalb seien Betreiber von Ladesäulen und die Nutzer von eFahrzeugen in der Situation, einen Beitrag leisten zu müssen. Dazu gehöre notfalls eine gesetzliche Verpflichtung.
Auch Eul merkt zusätzlich an: »Durch intelligente Lademöglichkeiten lässt sich der für eMobilität notwendige Netzausbau langfristig zwar nicht generell vermeiden, aber auf ein sinnvolles Maß beschränken.« Gleichzeitig beuge die Steuerbarkeit einer Überlastung der Netze vor. »Denn ein aus Überlastungen resultierender Schaden am Netz wäre für alle Beteiligten die schlechteste Variante.«

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