Klarstellung Policy Brief des IfW Kiel
24. Juni 2020 / Kommentar von BEM-Vize-Präsident Christian Heep zum IfW-Policy Brief
Prof. Dr. Dr. Ulrich Schmidt vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel behauptet in einem Policy Brief, dass das eAuto 73% mehr Treibhausgase verursacht, als moderne Diesel-PKW. Zugleich wirft Schmidt zwei anderen Studien vor, Fehler gemacht zu haben; u.a. habe das Fraunhofer-Institut fehlerhaft kalkuliert. Denn seinen Berechnungen nach habe das Elektroauto beim derzeitigen Strommix in Deutschland eine deutlich schlechtere Klimabilanz.
Martin Wietschel, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, widerlegt nicht nur die utopische Behauptung Schmidts. Er liefert zugleich auch noch vollkommen andere Werte. Laut Fraunhofer-Institut reduziere hingegen das eAuto die Treibhausgasemissionen um 20 bis 46%. Er bezeichnet Schmidts Kalkulation als »theoretisches Gedankenspiel ohne praktische Relevanz.«
⇢ Fraunhofer ISI reagiert auf IfW-Kritik an Klimabilanz von Elektroautos
⇢ Weiterer Standpunkt von Blasius Kawalkowski / inside-digital
Kommentar von BEM-Vize-Präsident Christian Heep
Die Behauptungen des IfW ordnen sich in eine unsägliche Reihe ein, die versucht, die Relevanz und vor allem die Akzeptanz der Elektromobilität in der Bevölkerung – aber auch bei politischen Entscheidungsträgern – möglichst klein zu halten. Und wie wir wissen, ist die Präsenz dieser Falschaussagen, Unwahrheiten und aus dem Kontext gerissener »Behauptungen« sehr hinderlich für einen Meinungsbildungsprozess, der auf Fakten basieren sollte. Diese teils recht perfiden »Kampagnen« führen zu Verunsicherung auf allen Ebenen. Sehr offensichtlich werden die Parallelen zu ähnlich gesteuerten Aktionen im Bereich Energie, die seit Jahrzehnten versuchen, die Erneuerbaren zu diffamieren, zu diskreditieren und ihren Ausbau zu bremsen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Energie- gegen die Mobilitätswende mit fadenscheinigen, teils psydowissenschaftlichen, teils falschen, zumindest aber verwirrenden Argumenten ausgespielt wird.
Dazu kommt, auch im aktuellen Fall, dass versucht wird mit einer »Ja, aber«-Strategie den Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe als Heilsbringer zu positionieren. Dass dies aus Sicht des Primärenergiebedarfs und anderer Gründe nach hinten losgeht, wird nicht thematisiert. Das Mantra der Technologieoffenheit dient viel zu sehr einem zementierten »Weiter so..!«, das die eMobilität und die Erneuerbaren zwar einschliesst, diesen aber im Verlauf der praktizierten Kommunikationsstrategie versucht, den Rang abzulaufen, um die eigenen Ziele besser zu platzieren.
Diese Mechanismen funktionieren; wie an den kursierenden Stammtischweisheiten erkennbar wird, die Gesellschaft, Medien und leider auch die Politik missbräuchlich als Gegenargumente bemühen: Kinderarbeit, Wasserverbrauch, Brandgefahr, die Reichweiten-Diskussion, CO2-Rucksack, etc. Alles widerlegt, ausgeräumt und eigentlich geklärt – dennoch immer latent dabei, wenn es um die Bewertung der Zukunftsfähigkeit, Sinnhaftigkeit und dem Klima- und Umweltschutzpotential geht. In diesem Kontext müssen solche Aussagen und »Studienergebnisse« betrachtet und beständig aufmerksam geprüft werden. Das ist kein Sonntagsspaziergang.
Es fällt in diesen »Studien« und vermeintlichen Expertenbeiträgen auf, dass relevante Daten und Fakten oftmals weggelassen oder abstruse Annahmen getroffen werden. Man erinnere sich zum Beispiel an den grotesken Beitrag von Harald Lesch, ebenfalls Professor, der davon ausging, dass 1 Million Elektroautos alle abends gleichzeitig zu Hause mit 350KW laden. Besonders häufiger Fehler: Die Graue Energie, also die Energie, die bei der Förderung und Rohstoffgewinnung, der Produktion und Veredelung, dem Transport und der zur Verfügungstellung anfällt, wird »vergessen«. Dies sind erhebliche Energiemengen, die bei solchen Bedarfsrechnungen natürlich entsprechend in Abzug gebracht werden müssen. Zudem sollten aktuelle Daten verwendet werden und nicht passende.. Allzu oft werden Äpfel mit Birnen verglichen..
⇢ BEM-Vize-Präsident Christian Heep
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