Ladeinfrastruktur für Elektromobilität

Stellungnahme zur EU-Strategie für umweltfreundliche Kraftstoffe
Nach mehreren Jahren der Diskussion hat die Europäische Kommission den so genannten Typ-2-Stecker als gemeinsamen Stecker für die AC-Ladung in Europa festgelegt. Dieser Stecker wird hierzulande bereits eingesetzt und wurde schon im Jahr 2009 durch die VDE-Normungsorganisation DKE als deutscher Vorschlag in die internationale Normung eingebracht. Die Entscheidung der Europäischen Kommission bedeutet nun das Ende der Unsicherheit bei der Wahl der Steckvorrichtung im Bereich der AC-Ladung.
Ladestecker Typ 2
Der Ladestecker vom Typ 2 ist ein siebenpoliger Stecker, der für das Laden von Elektrofahrzeugen bestimmt ist. Mit diesem Stecker können Elektrofahrzeuge sowohl im Wechselspannungsbetrieb als auch im Gleichspannungsbetrieb geladen werden. Er ist geeignet für Ladeströme von 13 A bis 63 A. Im Fall des Wechselspannungsbetriebs, teilen sich die Steckerkontakte wie folgt auf:
• drei Phasenkontakte (L1, L2, L3)
• einen Neutralleiterkontakt
• einen Erdungskontakt
• zwei Kommunikationskontakte (proximity, control pilot)
Über den proximity Anschluss wird festgestellt, ob der Stecker eingesteckt ist. Über den control pilot und den Erdungsanschluss erfolgt die Datenkommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation. Im Wechselspannungsbetrieb wird zwischen dem einphasigen- und dem dreiphasigen Betrieb unterschieden. Im einphasigen Betrieb ist nur einer der drei Phasenanschlüsse aktiv und es können bis zu 14,5 KW übertragen werden. Im dreiphasigen Betrieb können über den Stecker bis zu 43,5 KW übertragen werden.
Wichtig zu beachten ist hierbei, dass in haushaltsüblichen Elektroinstallationen einphasig mit maximal 3,7 KW und dreiphasig mit maximal 11 KW geladen werden kann.
Im Gleichspannungsbetrieb teilen sich die drei Phasenkontakte und der Neutralleiterkontakt aus dem Wechselspannungsbetrieb in je zwei Plus- und Minusanschlüsse auf. Die übrigen Kontakte sind mit den gleichen Funktionen belegt wie im Wechselspannungsbetrieb. Auf diese Weise können mit dem Ladestecker bis zu 70 KW übertragen werden. Für größere Leistungsübertragungen im Gleichspannungsbetrieb müssen separate Gleichspannungssysteme und -anschlüsse verwendet werden.
Eine weitere, sehr wichtige Eigenschaft des Ladesteckers Typ 2 ist, dass mit seiner Hilfe eine bidirektionale Energieübertragung möglich ist, was bedeutet, dass sowohl Energie in das Fahrzeug als auch aus dem Fahrzeug in das Energieversorgungssystem übertragen werden kann. Diese Eigenschaft spielt in zukünftigen Anwendungen eine wichtige Rolle.
Ladestecker Typ 2 als europäischer Standard
Das Vorhaben, den Ladestecker Typ 2 als europäischen Standard einzuführen, kann allgemein als gut eingeschätzt werden, weil viele Länder in Europa diesen Steckertyp bereits als ihren Favoriten in Bezug auf die Ladung von Elektrofahrzeugen ausgewählt haben – darunter Deutschland, Großbritannien, Spanien, Dänemark und die Niederlande.
Weiterhin bietet er die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Spannungsarten und verschiedenen Leistungen zu laden (s.o.). In Ergänzung dazu ist der Ladestecker Typ 2 eine deutsche Entwicklung und wird bereits von vielen deutschen Firmen hergestellt – darunter u.a. Mennekes und Phoenix Contact. Aus diesem Grund würde eine Einführung dieses Stecksystems den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken.
Ladeinfrastruktur für Europa
Der Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Europa und damit auch in Deutschland ist ein sehr guter Ansatz, da auf diese Weise ein großer Engpass der Elektromobilität behoben würde. Dieser Vorschlag beinhaltet aber dennoch einige Probleme und offene Fragen.
Da derzeit noch keine marktreifen Geschäftsmodelle in Bezug auf den Betrieb einer Ladeinfrastruktur für Elektromobile existieren, ist fraglich, ob sich Investoren und Betreiber für diese finden ließen. Besonders die Abrechnung der zum Laden bezogenen Energie bleibt weiterhin ein großes Forschungsfeld und sollte in den Standardisierungsprozess miteinbezogen werden. Weiterhin sind die Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorgaben zum Aufbau von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum längst noch nicht hinreichend ausgereift, um jedem einen barrierefreien Zugang zu den verschiedenen Lademöglichkeiten zu bieten. Besonders an dieser Stelle müssen neue Konzepte zum Bau von Ladepunkten entwickelt werden. Außerdem ist fraglich, ob in den ohnehin schon sehr dicht bebauten Innenstädten ausreichend Raum für die Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden kann. Zuletzt muss auch die Anzahl der Elektrofahrzeuge entsprechend gesteigert werden, welche die aufgebaute Ladeinfrastruktur nutzen.
Nicht berücksichtigt ist zudem der zur Integration der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge notwendige Ausbau des Energieversorgungssystems. Zum Einen müssen Konzepte zur Bereitstellung der höheren Leistungen an den Ladepunkten entwickelt werden, zum Anderen muss die Informations- und Kommunikationsfähigkeit des Energieversorgungsnetzes verbessert werden. Um darüber hinaus umweltpolitische Ziele zu erreichen, ist eine Speisung der Elektrofahrzeuge mit Strom aus Erneuerbaren Energien notwendig.
Fazit
Zusammenfassend ist zu bemerken, dass ein bereichsübergreifender Ansatz mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, einer bedarfsgerechten Stromerzeugung und eine Verbesserung und Erweiterung des Angebotes von Elektrofahrzeugen notwendig ist, um die Elektromobilität in Europa zu etablieren. Speziell bei der Ladeinfrastruktur ist es notwendig, tragbare Geschäftsmodelle zu entwickeln, neue städtebauliche Lösungen zu finden und einheitliche Standards zu definieren.
Den Ladestecker Typ 2 als Standard in Europa festzuschreiben, ist diesbezüglich ein richtiger Ansatz. Die Errichtung eines umfassenden Elektrotankstellennetzes in Europa ist nur mit erheblicher öffentlicher Förderung bzw. neuen Regularien möglich, da es derzeit keine tragbaren Geschäftsmodelle gibt.
Sven Spurmann
ElektroMobilität NRW
NRW Kompetenzzentrum für Infrastruktur & Netze
⇢ www.elektromobilitaet.nrw.de

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