Noch sind eAutos Ladenhüter
Artikel erschienen im WESTFALEN-BLATT Nr. 2 / 03. Januar 2017
Es fehlt in Deutschland ein flächendeckendes Netz von Ladestationen
Auf der Lade-Landkarte gibt es große weiße Flecken. Wer sein eAuto an öffentlichen Stationen laden will, sucht vor allem auf dem Land oft vergeblich. Die noch fehlende flächendeckende Infrastruktur gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass die Elektromobilität hierzulande nur schleppend vorankommt.
Bei der eAuto-Kaufprämie ist die Bilanz ein halbes Jahr nach deren Start ernüchternd: Bis zum 01. Januar 2017 wurden nur 9023 Anträge gestellt. Eigentlich sollte mit der Prämie die Nachfrage nach eAutos angekurbelt werden. Berlin erwartete zum Start, dass so der Kauf von »mindestens 300 000 Fahrzeugen« angeschoben wird.
Bisher aber sind eAutos vor allem eins: Ladenhüter. Erst recht gilt dies bei Privatkunden. Denn fast die Hälfte der Anträge auf eine Prämie entfiel auf Firmen. Auch bei den Pkw-Neuzulassungen sieht es nicht besser aus. Nur 10 000 reine eAutos kamen laut Kraftfahrt-Bundesamt im vergangenen Jahr bis Ende November dazu, bei insgesamt rund 3,1 Millionen Neuwagen.
Im internationalen Vergleicht hinkt Deutschland bei der Elektromobilität hinterher. Die Entwicklung wird derzeit vor allem von China getrieben, wie aus einer Studie des Brancheninstituts CAM hervorgeht. Vorreiter in Europa ist Norwegen. Inzwischen sind dort mehr als 100 000 reine Elektroautos auf den Straßen unterwegs, der Marktanteil bei Neuwagen liegt bei fast 30 Prozent. Die Anschaffung von eAutos wir bereits seit Jahren massiv gefördert, es gibt viele Ladestationen.
In Deutschland kommt der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur an öffentlichen Ladestationen zwar voran, aber nur langsam. Der Bundeserband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht bis zum Jahr 2020 einen Bedarf an 70 000 öffentlichen Ladepunkten zur Normalladung und 7100 Schnellladepunkten: »Davon sind wir noch weit entfernt.« Zur Jahresmitte zählte der Verband bundesweit gerade einmal rund 6500 Ladepunkte, darunter 230 Schnellladepunkte.
Der Bundesverband eMobilität kritisiert, bisher gebe es beim Aufbau der Ladeinfrastruktur »Insellösungen«, die häufig nicht miteinander vereinbar seien. »Um als Elektroautofahrer beispielsweise in Berlin im gesamten Stadtgebiet laden zu können, benötigt man mindestens fünf verschiedene Ladekarten von unterschiedlichen Anbietern«, sagt eine Sprecherin.
Die Autobranche ist in einer Zwickmühle. Sie muss ihr Geschäft mit alternativen Antrieben deutlich ausbauen – auch um schärfere Umweltauflagen der EU zu erfüllen. Forschung und Entwicklung von eAutos kosten Milliarden. Mit den Fahrzeugen verdienen die Autobauer derzeit aber wenig Geld – das machen sie vor allem mit den schweren sportlichen Geländewagen (SUV).
Und welche Folgen hat das kommende eAutos-Zeitalter für die Beschäftigen der Branche? Von den derzeit 880 000 Mitarbeitern in Deutschland sind 250 000 in der Antriebstechnik tätig. Also in Bereichen, die bei der eAuto-Produktion künftig wegfallen könnten.