Normgerecht und sicher Strom tanken

Flexibel einsetzbare Ladekontrolle für Elektrofahrzeuge
Das Thema Elektromobilität wird derzeit in den meisten Industrienationen diskutiert. Batterieleistung und erzielbare Reichweite stehen dabei im Vordergrund. Um das ambitionierte Ziel der deutschen Politik – eine Million elektrisch betriebene Autos im Jahr 2020 – zu erreichen, kommt auch der Verfügbarkeit geeigneter Strom-Tankstellen mit entsprechenden Ladestationen eine große Bedeutung zu.
Ladestationen für Elektrofahrzeuge können in verschiedenen Bereichen installiert werden. Im privaten Umfeld befinden sie sich meist in einem einfachen Wandschrank, der so genannten Wall-Box. Bieten Unternehmen den Mitarbeitern die Möglichkeit zum Laden ihrer Elektrofahrzeuge, müssen sie ihre Parkplätze mit Ladestationen ausstatten, wobei ein zentrales Steuerungssystem die Überwachung der Infrastruktur übernehmen kann. Die als Satelliten-System bezeichnete Infrastruktur eignet sich auch für Parkplätze mit viel Publikumsverkehr. Ladestationen sollten außerdem im öffentlichen Bereich aufgebaut werden, wo sich private Elektrofahrzeuge frei zugänglich über unterschiedlich ausgeprägte Bezahlsysteme betanken lassen.
IEC 61851-1 beschreibt Rahmenbedingungen
Jedes der beschriebenen Beispiele stellt andere Anforderungen an die Ausführung der Ladeinfrastruktur und Installation sowie den Aufbau der Ladestation. Die Betankung der Elektrofahrzeuge mit einer dreiphasigen Wechselspannung erweist sich angesichts der seitens der Stromversorgungs-Unternehmen vorhandenen Infrastruktur sowie der von den Nutzern geforderten kurzen Ladezeit als annehmbarer Kompromiss. In der Norm IEC 61851-1 werden die grundsätzlichen Rahmenbedingungen an die Ladung von Elektrofahrzeugen definiert. Teil 22 geht darüber hinaus auf die Anforderungen an Ladestationen mit ein- oder dreiphasigen Wechselströmen ein. Ladeströme dürfen dabei bis zu 80 A betragen. Für Installationen, die permanent mit dem Wechselstromnetz verbunden sind, legt die Norm ferner die Betriebsmodi 1 bis 4 fest. Mode 3 fordert die feste Verbindung mit dem Wechselstromnetz und eine in die Ladestation integrierte Kontrollfunktion durch den Control-Pilot (CP). Zudem wird die Verwendung des Proximity-Plug (PP) detailliert erläutert. Dazu sind im zugehörigen Ladestecker zusätzliche Kontakte vorgesehen.
Aufgabe des Proximity-Plugs ist es festzustellen, ob sich ein Stecker in der Ladestation befindet. Über einen Widerstand zwischen dem PP-Kontakt und der Schutzerde wird darüber hinaus die mögliche Stromtragfähigkeit des Kabels ermittelt. Diese Information lässt sich von der Überwachungseinheit nutzen, um dem Fahrzeug mitzuteilen, welcher Strom maximal aus dem Netz entnommen werden kann. Ferner können so unterdimensionierte Kabel abgewiesen und der Ladevorgang ausgesetzt werden.
Der Control-Pilot (CP) überwacht, ob die Schutzerde angeschlossen ist und bei einem Erdschluss somit eine Strom führende Leitung für den sicheren Betrieb sorgt. Weitere Aufgabe des Control-Pilots ist die Kontrolle des Ladevorgangs. Hier wird zwischen den Ladestati A bis F unterschieden. Eine von der Überwachungseinheit eingespeiste CP-Spannung und ein beim Verbindungsaufbau zwischen Fahrzeug und Ladestation aufgeschaltetes Rechtecksignal von 1 kHz mit einer Pulsweiten-Modulation dienen dem Informationsaustausch zwischen Fahrzeug und Ladestation.
Spannungshöhe gibt Auskunft über den Ladestatus
Eine Widerstandskombination im Fahrzeug und der Überwachungseinheit führt zu einer bestimmten Spannungshöhe, die Auskunft über den jeweiligen Status gibt. Im ersten Schritt wird über einen zugeschalteten Widerstand informiert, ob das Fahrzeug per Ladekabel angekoppelt worden ist. Die dabei in der Spannungsmessung der Überwachungseinheit erfasste Gleichspannung in der Kommunikation sinkt von 12 V auf 9 V (Status B). Auf diese Weise erkennt das System, dass das Ladekabel korrekt angeschlossen ist. Steht diese Information zur Verfügung, wird auf das pulsweitenmodulierte Signal (±12 V) umgeschaltet. Die Impulsweite (Puls/Pausenverhältnis) gibt an, mit welchem Ladestrom aus der Ladestation getankt werden kann. Der Laderegler des angebundenen Fahrzeugs interpretiert die Informationen und stellt sich entsprechend darauf ein.
Soll der Ladevorgang gestartet werden, wird im Laderegler des Fahrzeugs ein Schalter betätigt, der einen weiteren Widerstand parallel zuschaltet. Abhängig vom neuen Widerstandswert ändert sich die Spannung im System auf +3 V/-12 V beziehungsweise +6 V/-12 V – je nachdem, ob für den Ladevorgang eine Ventilation des Ladebereichs notwendig ist oder nicht. Mit dieser Information wird das Schütz in der Ladestation geschaltet und der Ladevorgang eingeleitet.
Die IEC 61851-1 verlangt für den Stecker eines mobilen Ladekabels eine Breaking Capacity. Diese Anforderung lässt sich am einfachsten durch die Verriegelung des Steckers in der Ladestation erfüllen. So ist sichergestellt, dass das Kabel während des laufenden Ladevorgangs nicht von der Ladestation abgezogen werden kann. Bei frei zugänglichen Ladestationen im öffentlichen Bereich kann zudem eine Schutzklappe verschlossen werden, die vor möglicher Verschmutzung oder Vandalismus schützt.
Überwachungsgerät macht Steuerung überflüssig
Phoenix Contact ist bereits seit einiger Zeit im Bereich Elektromobilität tätig. Beispielsweise werden Ladestecker angeboten, die den unterschiedlichen Normen entsprechen. In Kombination mit anderen Komponenten finden sich die Ladestecker auch in der Infrastruktur für die unternehmenseigenen Elektrofahrzeuge. Neu im Programm ist der EV Charge Control. Hierbei handelt es sich um ein Überwachungsgerät, das den Ladevorgang gemäß IEC 61851-1 im Mode 3 kontrolliert. Der EV Charge Control umfasst neben dem Control-Pilot und Proximity-Plug erweiterte Funktionen wie die Verriegelung des Steckers in der Ladestation bei nicht fest montierten mobilen Ladekabeln.
Da die benötigten Steuerungsfunktionen in einem Gerät vereint sind, erfordert die Ladestation keine weitere Steuerung. Die Konfiguration des EV Charge Controls wird über die DIP-Schalter-Einstellung auf der Frontseite des Gehäuses vorgenommen. Zehn verschiedene DIP-Schalter setzen die unterschiedlichen Anwendungsfälle um – von der simplen Wall-Box bis zur komplexen Installation einzelner oder vernetzter Ladestationen. Der maximal zulässige Strom lässt sich über einen Drehschalter in einem Bereich von 5 bis 80 A einstellen. Zusätzliche digitale Eingänge ermöglichen den Einsatz in verschiedenen Applikationen.
Webserver ermöglicht die Fernabfrage des Systemstatus
Bei Nutzung von mobilen Ladekabeln ist es wichtig, dass sie beim Ladevorgang nicht überlastet werden. Darüber hinaus kommt der Verriegelung des Steckers in der Ladestation eine große Bedeutung zu. Zu diesem Zweck werden in der Regel zwei verschiedene Verriegelungs-Aktoren verwendet, die unterschiedlich anzusteuern sind. Beim Hubmagneten ist das Ansteuersignal dauerhaft zur Verfügung zu stellen, wohingegen bei Gleichstromantrieben ein Impuls ausreicht. Das ist ohne Einsatz zusätzlicher Wendelast-Relais mit der EV Charge Control möglich.
Über den in die EV Charge Control integrierten Webserver kann der Betreiber den aktuellen Status des Systems abfragen. Bei sicherheitsrelevanten Einstellungen hat die Hardware auf jeden Fall den Vorrang. So lässt sich zwar die mögliche Stromhöhe über den Webserver vorgeben, der durch die Widerstands-Codierung des Steckers definierte und über den Drehschalter zusätzlich eingestellte niedrigere Wert kann aber nicht überschritten werden. Wird in der Ladestation selbst oder bei Satelliten-Systemen eine zentrale Steuerung genutzt, können bei Verwendung des EV Charge Control über die Modbus-TCP-Schnittstelle Einstellungen durchgeführt werden. Die vorhandenen digitalen Ein- und Ausgänge bieten der Steuerung die Möglichkeit, den Ladevorgang entsprechend dem Programm freizugeben und zu überwachen.
Fazit
Aufgrund der vielfältigen Konfigurations- und Zugriffsmöglichkeiten lässt sich der EV Charge Control in den unterschiedlichen Lade-Szenarien für Elektrofahrzeuge einsetzen. Das Überwachungsgerät erweist sich somit als optimaler Standardbaustein für die flexible Nutzung in Ladestationen.
Dipl.-Ing. Andreas Senger // Produktmanager Monitoring
Phoenix Contact Electronics GmbH
www.phoenixcontact.de

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