Bürokratie bremst die Elektromobilität aus

Vortrag – BEM-Präsident Kurt Sigl
Bad Kötzting. Günther Roith, der Leiter des Benedikt Stattler-Gymnasiums, freute sich über die Zuhörer, die trotz des schönen Wetters in die Aula des Benedikt Stattler-Gymnasiums gekommen waren, um sich den Vortrag von Kurt Sigl, des Präsidenten des Bundesverbands eMobilität, anzuhören. Und sie wurden nicht enttäuscht.
Kurt Sigl, dessen Großeltern aus Strahlfeld stammen, und der große Teile seiner Kindheit dort verbracht hat, spannte den Bogen weit. Er erläuterte die Zusammenhänge von Mobilität, Energieerzeugung, Emissionen, politischen und wirtschaftlichen Interessen sowie automatisiertem und teilautomatisiertem Fahren.
Vorher schilderte er kurz seine Laufbahn – ein Beispiel, wie man auch ohne Abitur Karriere machen kann. Er begann als Schreiner, machte den Meister, und parallel dazu wurde er Fahrlehrer. Da sein Hobby immer schon Motorräder waren, nahm er an Fahrsicherheitstrainings teil und wurde Instruktor für Fahrsicherheit. Durch einen »dummen« Zufall kam er mit Audi in Gespräch und führte dort von 1986 bis 1993 Fahrsicherheitstrainings durch. Danach machte er sich selbstständig. Bei einer Reise durch die USA sah er ein Moto-Cross-Rennen mit Elektromotorrädern. Er war sofort fasziniert und gründete die erste Elektro-Enduro-Schule Deutschlands im Jahr 2008. Er importierte sieben Elektromotorräder aus den USA und wollte diese in Deutschland anmelden, zum Beispiel bei der Steuer.
Die Bürokratie als Bremse
Damit begannen die Probleme mit der Bürokratie in Deutschland. Denn Elektromotoren haben keinen Hubraum, so Sigl. Die Kfz-Steuer wird aber nach Hubraum berechnet. »Bei uns ist alles kompliziert, und bei uns kann man gelebte Bürokratie erleben«, lautete seine Quintessenz. Diese Hürden seien im ersten nationalen Entwicklungsplan von 1998, in dem festgelegt wurde, dass 2020 eine Million eFahrzeuge in Deutschland laufen sollen, nicht berücksichtigt. Und dies sei mit ein Grund, »dass wir heute, auch wenn eMobilität sich nicht auf Autos und Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb beschränke, meilenweit von diesem Ziel entfernt seien. Andere Gründe seien der Lobbyismus und die (seiner Meinung nach unbegründete) Angst um Arbeitsplätze. Immerhin hänge jeder siebte Job in Deutschland von der Autoindustrie ab.
Aber eMobilität sei viel mehr als nur Auto. Es sei die »Verehelichung von Energie und Mobilität«. Bei der Mobilität in seiner jetzigen Form sähe er in Zukunft große Probleme. Schon jetzt würden weltweit jährlich 85 Millionen Kraftfahrzeuge produziert, bei 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde.
Im Jahr 2050 schätze man die Bevölkerungszahl auf 10 – 11 Milliarden Menschen. Sigl:»Wenn die alle so mobil sein wollten, wie wir es gewohnt sind, muss die Produktion auf 250 Millionen Kfz pro Jahr gesteigert werden.« Es müsse insgesamt ein Umdenken stattfinden. Man müsse sich die Frage stellen: Geht´s nicht anders? Unsere Mobilität beruht zum größten Teil auf der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Der Wirkungsgrad liege dabei bei 30 Prozent. »Daher müssen wir dringend von dieser Verschwendung wegkommen.« Mit Elektrofahrzeugen sei dies möglich, aber der Strom dafür müsse aus erneuerbaren Energien stammen.
Entwicklung im Ausland
Um diese immer nutzen zu können, brauche es Speichermöglichkeiten. Die Entwicklung von Akkus laufe derzeit hauptsächlich im Ausland. Auch die Produktion von Elektrofahrzeugen sei dort wesentlich höher als hierzulande. China produzierte 2014 bereits 30 Millionen Elektroroller. Ein Grund dafür: Man dürfe sich bei der Beurteilung der Elektrofahrzeuge nicht nur auf den COs-Ausstoß konzentrieren, sondern müsse berücksichtigen, dass auch andere Emissionen wie Lärm, Feinstaub oder Stickoxide wesentlich reduziert würden. Sigl: »Jetzt muss das System geändert werden, sonst laufen uns die andern davon.«
von Martin Schönhuber
www.mittelbayerische.de

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